Japans Regierung will Schutzwall um Fukushima

Die japanische Regierung will mit Hunderten von Millionen an Steuergeldern die verseuchten Wassermassen in der Atomruine Fukushima bekämpfen. Unter anderem soll ein Schutzwall aus gefrorener Erde ein weiteres Eindringen von Grundwasser bremsen

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Japans Regierung will offenbar die Schutzmaßnahmen rund um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima selbst in die Hand nehmen. So kündigte ein Regierungssprecher am Dienstag laut dpa an, dass man 47 Milliarden Yen (360 Millionen Euro) zur Eindämmung der Flut verseuchten Wassers einplane. Vorgesehen ist unter anderem ein Schutzwall aus gefrorenem Erdreich um die beschädigten Reaktoren 1 bis 4. Das Bauwerk soll verhindern, dass weiteres Grundwasser in die undichten Reaktorgebäude eindringt. Der Plan ist allerdings schon seit längerem bekannt. Der Wall soll zum Ende März 2015 einsatzbereit sein. Derzeit läuft dazu eine Machbarkeitsstudie.

Die Regierung will zudem nahe der Atomruine ein Verbindungsbüro mit Beamten einrichten. Darüber hinaus sei jedoch bei einem Ministertreffen am Dienstag nicht viel Neues vorgestellt worden, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Die Probleme in der Atomruine können nach den Worten von Regierungs-Chef Shinzo Abe nicht länger allein dem Betreiberkonzern Tepco überlassen werden.

Abe erklärte laut einem Bericht des Spiegel dazu: "Die Welt schaut auf uns, um zu sehen, ob wir die Stilllegung des Atomkraftwerks Fukushima bewerkstelligen, einschließlich der Probleme mit verseuchtem Wasser." Zahlreiche Beobachter sehen die medienwirksam verkündete Initiative der japanischen Regierung im Kontext der nahen Vergabe der Olympischen Spiele 2020. So könnte man in Tokio wohl befürchten, mit einer unkontrolliert strahlenden Atomruine schlechte Karten gegenüber den Mitbewerbern Madrid und Istanbul zu haben.

Erst vor wenigen Tagen hatten Reparaturtrupps in Fukushima an Kühlwassertanks weitere Spuren mit einer tödlichen Dosis Radioaktivität entdeckt. Wie der Betreiberkonzern Tepco laut japanischen Medienberichten mitteilte, wurde neben einem Abwassergraben, der zum Meer führt, unter anderem Strontium festgestellt. Strontium gilt unter Experten als "Knochenkiller". Zuvor hatte Tepco an drei Tanks sowie einem Verbindungsrohr eine Strahlendosis von bis zu 1800 Millisievert pro Stunde gemessen – wer einer solchen Dosis vier Stunden ausgesetzt ist, würde sterben. Zuvor waren nur 100 Millisievert pro Stunde gemessen worden – allerdings, weil die verwendeten Messgeräte keinen größeren Wert messen beziehungsweise anzeigen konnten, was der Betreiber Tepco aber trotz Anzeige von Maximalwerten auf den Geräten lange ignorierte.

Seit dem GAU infolge des Erdbebens und Tsunamis vom 11. März 2011 wird unentwegt Wasser zur Kühlung in die Reaktoren gepumpt. Um der riesigen Wassermengen Herr zu werden, hat Tepco in Eile Hunderte Tanks aufgestellt. Erschwerend kommt hinzu, dass jeden Tag rund 400 Tonnen Grundwasser in die Reaktorgebäude eindringen und sich mit dem kontaminierten Kühlwasser vermischen. Kürzlich hatte Tepco zugegeben, dass tagtäglich rund 300 Tonnen belastetes Wasser ins Meer sickern.

Die Regierung will nun versuchen, den Zufluss von Grundwasser durch eine Wand aus gefrorenem Erdreich zu bremsen. Bei dieser Technik aus dem Tunnelbau werden Rohre mit Kühlflüssigkeit senkrecht ins Erdreich gerammt. In Fukushima würde sich das Bauwerk über eine beispiellose Länge von rund 1,4 Kilometern erstrecken. Abgesehen von den hohen Baukosten ist auch der Unterhalt wegen des hohen Stromverbrauchs kostspielig.

Da Tepco dafür kein Geld habe, müsse die Regierung jetzt einspringen, hieß es. Von den eingeplanten 47 Milliarden Yen entfallen allein 32 Milliarden Yen auf den Schutzwall. Dazu wird zum Teil auf einen Reservefonds für den laufenden Staatshaushalt zurückgegriffen. Zudem solle ein System zur Dekontaminierung des Kühlwassers verbessert werden.

Der Chef der Atomaufsicht NRA, Shunichi Tanaka, schloss angesichts der gewaltigen Wassermengen in den Tanks ein Abpumpen ins Meer nicht aus, wenn die radioaktive Belastung unter den Grenzwerten liege. Die Atomunfälle in Fukushima im Jahr 2011 und in Tschernobyl 1986 sind die einzigen, die auf der 7-stufigen Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES) die höchste Stufe erreicht haben. (axk)