Kernkraft gegen Atomraketen

Russland und Indien entwickeln Kernkraftwerke, die weltweit die Atommüllhalden abtragen und Plutonium aus Atomwaffen verbrennen können. Die Reaktoren könnten bereits 2014 ans Netz gehen.

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In Russland und Indien stehen Kernkraftwerke vor einer Inbetriebnahme, die mit ihren energiereichen Neutronen Atommüll und waffenfähiges Plutonium als nuklearen Brennstoff nutzen können. Beide könnten bereits 2014 in Betrieb gehen, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

Beide Reaktoren sind in der so genannten Pool-Bauweise konstruiert. Dabei liegt der Reaktorkern in einem Becken, das mit flüssigem Natrium gefüllt ist. Er überträgt seine Energie über einen Wärmetauscher an einen zweiten, nicht radioaktiven Natriumkreislauf, mit dem außerhalb des Reaktors Dampf erzeugt wird. So soll sichergestellt werden, dass bei einem Unfall möglichst kein radioaktives Natrium in die Umgebung gelangt.

Das Metall kann die große Hitze aus dem Reaktorkern gut abführen, lässt sich ohne große Probleme pumpen und greift den Stahl der Leitungen nicht an. Zudem siedet Natrium erst bei einer Temperatur, die weit über dem Arbeitspunkt der Reaktoren liegt – und erzeugt daher keinen extrem hohen Druck im Kühlmittelkreislauf. Sein großer Nachteil: Natrium reagiert heftig mit Wasser und Sauerstoff. Das flüssige Natrium muss also vor allem im Dampferzeuger besonders gut isoliert werden.

Dass dieses Problem nicht nur rein theoretischer Natur ist, zeigen zahlreiche Vorfälle am BN-600 - einem Vorläufer-Modell des fast fertigen russischen BN-800-Reaktors. Bis 1997 gab es dort insgesamt 27 Natriumbrände. Im Interview mit Technology Review verweist Sergey Boyarkin, ehemaliger stellvertretender Direktor des russischen Atomkonzerns Rosenergoatom, jedoch auf bauliche Maßnahmen, mit denen die Konstrukteure die Probleme in den Griff bekommen hätten. „Natrium ist ein Element, das brennbar ist. Auf der anderen Seite wissen wir auch von Benzin, dass es brennbar ist“, sagte Boyarkin. „Ich kann nur sagen, dass die Kunst des Designs darin besteht, alles so zu planen, dass die Situation unter Kontrolle bleibt. Wenn wir eine chemische Fabrik bauen, ist die Gefahr viel größer. Aber wenn wir uns an die Regeln und Standards halten, können wir die Sicherheit in dieser Fabrik gewährleisten. Das ist die Hauptsache.“

(wst)