Kommentar: Kaufofferte ist Demütigung für BlackBerry

Neun Dollar pro Aktie bietet der kanadische Investor Fairfax für BlackBerry und schreibt geschickt eine Stornogebühr in die Absichtserklärung. Das sieht eher nach einem Pokerspiel aus als nach einer echten Übernahme.

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Neun US-Dollar je Aktie bietet Fairfax Financial für BlackBerry – eine Demütigung. Noch am Donnerstag waren die Wertpapiere bei 10,52 Dollar aus dem Handel gegangen. Doch dann folgte am Freitag die Hiobsbotschaft mit Milliardenverlust und erneutem radikalen Stellenabbau. Trotzdem erscheinen neun Dollar verdammt wenig. Womöglich ist es der Auftakt zu einem kanadischen Pokerspiel.

BlackBerry und Fairfax stehen sich nahe. Sie sind für kanadische Verhältnisse praktisch Nachbarn, Fairfax besitzt bereits etwa zehn Prozent von BlackBerry, und Fairfax-Chef Prem Watsa war bis vor Kurzem Mitglied des BlackBerry-Verwaltungsrats. Er kennt die Situation des Unternehmens also bestens. Als der Verwaltungsrat den Verkaufsprozess einleitete, trat Watsa von dieser Position zurück. Das schürte umgehend die (nun bestätigte) Vermutung, Fairfax wolle selbst zuschlagen.

Laut Forbes kosteten die BlackBerry-Aktien 50 Dollar, als Fairfax zum ersten Mal kaufte; in Summe soll Fairfax 900 Millionen US-Dollar für den Zehntelanteil bezahlt haben. Das muss Watsa schmerzen, denn gemessen am Schlusskurs vom Freitag ist dieses Paket nur noch zirka 462 Millionen Dollar wert.

Neun Dollar wirft Fairfax auf den Tisch. Das bringt andere potenzielle Interessenten unter Druck: Sie müssen erhöhen oder passen. Wenn jemand mehr bietet, hat Watsa seinen BlackBerry-Kollegen einen Gefallen getan und Fairfax kann den eigenen Anteil an BlackBerry zu einem höheren Preis als derzeit möglich abstoßen.

Außerdem kassiert Fairfax in dem Fall eine Stornogebühr von 30 bis 50 Cent je Aktie, was immerhin gut 157 Millionen Dollar ausmacht – die mit BlackBerry vereinbarte Absichtserklärung (Letter of Intent) enthält eine entsprechende Klausel. Sollte jemand also beispielsweise den Schlusskurs von vergangenem Donnerstag zahlen, hätte Fairfax sein schwer verkäufliches Aktienpaket im hypothetischen Wert von 462 Millionen Dollar plötzlich in eine Bareinnahme von mehr als 700 Millionen Dollar umgewandelt, Stornogebühr inklusive. Weiland Dagobert würde vor Freude in den Geldpool hüpfen.

Und wenn der Poker nicht aufgeht, sieht es auch gut aus für Fairfax: BlackBerry verfügt nach eigenen Angaben über 2,6 Milliarden Dollar in bar und ähnlichen liquiden Vermögenswerten. Bis zu einem Closing der Übernahme wird davon zwar noch einiges verbrannt werden, aber es bedeutet, dass Fairfax nicht dringend frisches Geld in das Unternehmen pumpen muss. Vielleicht kann sogar ein Teil des für den Kauf aufgenommenen Darlehens unmittelbar zurückgezahlt werden.

BlackBerrys Patentportfolio alleine soll zwei bis drei Milliarden Dollar wert sein, und mit Dienstleistungen für Großkunden verdient BlackBerry ordentlich Geld. Herbe Verluste gibt es bei den Endgeräten, doch ein Finanzinvestor, dem es nicht um den nachhaltigen (Wieder)Aufbau eines eigenständigen Mobiltelefon-Herstellers geht, könnte diesen Bereich abspalten oder zusperren. Die Einzelteile dürften in diesem Fall also mehr wert sein als das Gesamte.

Für Interessenten tickt die Uhr. Sechs Wochen lang wird Fairfax BlackBerry intensiv prüfen. Sollten dabei unerwartete Leichen im Keller auftauchen, kann Watsa einen Rückzieher machen. Ohne Stornogebühr. (jow)