NSA-Skandal: Autor des Patriot Act will Überwachungsstaat in die Schranken weisen

"Meine Ansichten zum Patriot Act haben sich nicht geändert", sagte Jim Sensenbrenner. "Was sich geändert hat ist, was die Regierungen Bush und Obama gemacht haben, seit ich nicht mehr Vorsitzender des Justizausschusses bin."

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Mehrere prominente Abgeordnete des US-Parlaments haben Gesetzesvorlagen erarbeitet, die den Überwachungsstaat wieder in die Schranken weisen sollen – soweit er die Überwachung aller US-Bürger betrifft. Ein sehr begrenzter Vorschlag, bekannt als Amash-Conyes-Abänderungsantrag, war im Juli im Unterhaus knapp gescheitert. Einen umfassenden Gesetzentwurf hat nun der republikanische Abgeordnete Jim Sensenbrenner, im Jahr 2001 einer der leitenden Autoren des umstrittenen USA Patriot Act, angekündigt.

Am Donnerstag hatte das libertäre Cato-Institut in die US-Hauptstadt Washington zu einer Konferenz zum Thema NSA-Überwachung geladen: "Was wir wissen. Was wir dagegen tun können" lautete der Titel. Schnell zeigte sich, dass die Gräben bei diesem Thema in Washington keineswegs entlang der Parteilinien verlaufen. Hier finden Demokraten und Republikaner erstaunlich leicht zusammen – was wohl auch auf Seiten der Unterstützer uneingeschränkter Geheimdienstarbeit gelten muss. Diese waren in der Veranstaltung des Cato-Instituts aber in der deutlichen Minderzahl.

"Meine Ansichten zum Patriot Act haben sich nicht geändert", begann Jim Sensenbrenner seine kurze, aber Aufsehen erregende Rede. "Was sich geändert hat ist, was die Regierungen Bush und Obama gemacht haben, seit ich nicht mehr Vorsitzender des Justizausschusses bin." 2006 wurde der Patriot Act verlängert und ausgeweitet: Seither dürfen die Dienste auf "relevante Unternehmensdaten" (relevant Business Records) zugreifen. Eine wahrscheinlich extrem weitreichende, aber im Detail geheime Auslegung durch die Regierung, zusammen mit dem willfährigen Spionagegericht FISC, das nur die Regierungsseite anhört und dann geheime Entscheidungen fällt, deren Einhaltung niemand unabhängig überprüft, haben zu einer Auslegung geführt, die "nie vom Parlament verabschiedet worden wäre", glaubt Sensenbrenner, "Die Regierung glaubt, dass es keine Grenzen gibt. (…) Das Parlament darf nicht zögern, das zu beenden, und zwar flott."

Ironischerweise basiert der FISC auf dem Foreign Intelligence Surveillance Act aus 1978, der gerade der Bespitzelung von Inländern einen Riegel vorschieben sollte. Doch die Absichten des Gesetzgebers wurden seit 2006 durch Regierung und FISC ins Gegenteil verkehrt. Nun will Sensenbrenner die Abstempelungsmaschinerie des FISC "auf den Misthaufen der Geschichte werfen."

Dafür soll es einen Rechtsschutzbeauftragten geben, der vor dem FISC Bürgerrechte verteidigt und auch Rechtsmittel einlegen kann. Der Justizminister soll wichtige Entscheidungen veröffentlichen müssen, damit Abgeordnete und Öffentlichkeit erfahren, wie die Gesetze ausgelegt werden: Der Republikaner fordert "das Ende geheimer Gesetze".

Vor allem aber sieht der vom demokratischen Methusalem John Conyers (Repräsentantenhaus) und seinem Parteikollegen Patrick Leahy (Senat) unterstützte Gesetzesentwurf vor, dass die Regierung nur noch gegen konkret Verdächtige ermitteln darf. Damit wäre die Vorratsdatenspeicherung in den USA Geschichte. Und auch die vermutete Sammlung aller möglichen weiteren Daten über Gesundheit, Waffenbesitz, Lesegewohnheiten – kurz Business Records – müsste eingestellt werden. Ziel laut Sensenbrenner: "Das Vertrauen in die Geheimdienste wiederherzustellen, das diese ganz alleine verspielt haben."

Sogar die Bespitzelung von EU-Regierungsmitgliedern soll beendet werden – um den Austausch geheimdienstlicher Informationen nicht zu gefährden. "Amerika ist der Inbegriff von Demokratie", erläuterte Sensenbrenner. Einen griffigen Namen hat er sich für seinen Gesetzesvorschlag auch schon ausgedacht: Uniting and Strengthening America by Fulfilling Rights and Ending Eavesdropping, Dragnet-Collection, and Online Monitoring Act. Kurz: USA FREEDOM Act. (anw)