IEEE denkt über Vollduplex-WLAN nach

Nachdem Stanford-Forscher ihre Technik zum gleichzeitigen Senden und Empfangen auf derselben Frequenz deutlich verbessern konnten, taugt das Verfahren nun auch für breitbandige Signale wie schnelles WLAN.

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Anfang 2011 schlug eine Entwicklung der Stanford Information Networking Group (SING) Wellen: Durch geschickte Signalverarbeitung konnte sie ein schwaches und spektral schmales 2,4-GHz-Signal senden und gleichzeitig auf derselben Frequenz empfangen. Damit war Vollduplex-Betrieb etwa für Personal Area Networks (PAN) wie Bluetooth in Reichweite, was deren spektrale Effizienz verdoppeln kann. Aus der Forschergruppe ging das Startup Kumu Networks hervor, das diese Technik nun kommerzialisieren soll.

Bevor STR in Smartphones und Tablets passt, muss die Technik noch schrumpfen: Die Platine der SING-Arbeitsgruppe misst ungefähr 10 x 10 Zentimeter.

(Bild: SING )

In der Zwischenzeit haben die Stanford-Forscher die Echounterdrückung (SIC, Self Interference Cancellation) durch Änderungen an der Hardware und bessere digitale Signalverarbeitung enorm gesteigert: Einem Arbeitspapier des IEEE zufolge ist die "Trennschärfe" nun bei 110 dB (Leistungsfaktor 100.000.000.000) angekommen, wo anfangs nur 60 dB (Faktor 1.000.000) möglich waren. Obendrein hat SING die Bandbreite des verarbeitbaren Signals versechzehnfacht, sodass die Technik nicht mehr nur für langsames Bluetooth, sondern auch für schnelles WLAN ausreicht.

Vollduplex-Betrieb erfordert grundlegenden Umbau des WLAN-Protokolls, unter anderem wegen unterschiedlicher Anwendungsszenarien wie simultanem Datenverkehr zwischen zwei oder mehr Stationen.

(Bild: IEEE )

Dinesh Bharadia, Emily McMilin und Sachin Katti konnten im Labor über eine Antenne ein 80-MHz-Signal vollduplex übertragen, was bis zu 433 MBit/s Brutto-Datenrate beim WLAN nach IEEE 802.11ac entspricht. An MIMO-Szenarien (Multiple Input Multiple Output), also paralleler Übertragung unterschiedlicher Signale über mehrere Antennen auf der gleichen Frequenz, wird noch geforscht. Aber selbst mit SISO (Single Input Single Output) wäre STR (Simultaneous Transmit Receive) etwa in Smartphones oder Tablets beispielsweise für Videotelefonie per WLAN sehr nützlich. Damit STR auch in Mobilfunknetzen einsetzbar wird, muss die Trennschärfe noch weiter gesteigert werden, denn Smartphones senden dort mit bis zu 2 Watt statt maximal 0,1 Watt wie im WLAN.

Offensichtlich denkt das Normierungsgremium des IEEE nun innerhalb des Projekts HEW (High Efficiency WLAN) darüber nach, das WLAN-Protokoll so umzuarbeiten, dass es Vollduplex-Übertragung unterstützt. Dieser sehr tiefe Eingriff wird sich indes nicht mit einem Firmware-Update heutiger WLAN-Bausteine erledigen lassen. Falls daraus ein IEEE-Standard und kommerzielle Produkte werden sollte, dauert es gewiss noch ein paar Jahre. (ea)