Tatort Wiesbaden: BKA berät über das kriminelle Potenzial des Internets

Wolfgang Schäuble meinte in seiner Eröffnungsrede zur BKA-Herbsttagung, die Vorratsdatenspeicherung ebenso wie die Online-Durchsuchung seien kein qualitativ neuer Schritt, sondern eine Anpassung an den technischen Fortschritt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 182 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Unter dem Titel "Tatort Internet – eine globale Herausforderung für die innere Sicherheit" unternimmt die Herbsttagung des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden den Versuch, die neuen Anforderungen an Sicherheitsbehörden und Strafverfolger zu bestimmen. BKA-Präsident Jörg Ziercke wies darauf hin, dass die Verschlüsselung von Kommunikation eine effektive Gefahrenabwehr verhindere. "Wir können uns nach den erfolgreichen Festnahmen im Sauerland nicht zurücklehnen. Wir haben von einem Netzwerk von 30 bis 40 Personen vier Tatverdächtige festgenommen. Diese Tatsache allein ist Ausdruck massiver Ermittlungsprobleme, weil wir sicher sind, dass dieses Netzwerk weiterhin überwiegend virtuell kommuniziert und die neuesten Technologien benutzt." Ziercke (SPD) appellierte an die Zuhörer aus Politik und Polizeikreisen, das BKA mit der Verabschiedung des BKA-Gesetzes zu unterstützen, und dankte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) für die massive Unterstützung in diesem Punkt.

In seiner Eröffnungsrede zum dreitägigen Kongress über den Tatort Internet skizzierte Schäuble zunächst die Vorteile des Internets, um verschiedene Aktivitäten wie das Gemeinsame Internet Zentrum (GIZ) oder das Terrorabwehrzentrum (GTAZ) und die Arbeit mit der Antiterror-Datei zu loben. Trotz der gigantischen Ausmaße des Webs gebe es doch nur eine begrenzte Zahl der Plätze im Internet, die als die Hauptquellen des Terrorismus angesehen werden müssten, beruhigte Schäuble die Zuhörer. Das Internet lasse aber auf der anderen Seite die klassischen Instrumente der Sicherheitsbehörden immer häufiger ins Leere laufen. "Der Staat darf sich nicht vorsätzlich blind und dumm machen", sagte Schäuble.

Doch die Beobachtung des Internets alleine reiche nicht aus. "Wir beobachten gegenwärtig, dass die Terroristen bei ihrer konspirativen Kommunikation das Überwachungsnetz der Sicherheitsbehörden immer professioneller zu umgehen versuchen." Dass die Behörden in dieser Lage die Verbindungsdaten der Kommunikation bräuchten, sei zur Abwehr schwerer terroristischer Gefahren notwendig. Die Vorratsdatenspeicherung ebenso wie die ins Auge gefasste Online-Durchsuchung seien darum kein qualitativ neuer Schritt, sondern lediglich eine Anpassung an den technischen Fortschritt. "Die Ansicht der Kritiker, dass der Rechtsstaat in einen Überwachungsstaat umgebaut wird, ist technischer Unsinn. Gerade wenn wir wollen, dass Behörden nicht in Grauzonen ermitteln, brauchen wir andere Gesetze und müssen dafür Sorge tragen, dass die Behörden personell und materiell ausgestattet sind."

Das technische Auftaktreferat hielt Axel Zweck vom VDI Technologiezentrum, dort Leiter der Abteilung Zukünftige Technologien. Seine "Perspektive 2020" beschäftigte sich indes kaum mit dem Internet und nur am Rande mit Kriminalistik, sondern stellte die Zukunft der virtuellen Realität vor. 2020, lautet die These von Zweck, wird sich ein Gutteil der Menschen in simulierten Welten aufhalten und mit ausgefeilten Mensch-Maschine-Schnittstellen arbeiten. Zweck verwies darauf, dass es heute schon Menschen gibt, die davon leben, dass sie Dienstleistungen in Second Life erbringen und dass es dort bereits zu Diebstählen und Betrügereien gekommen sei. Die Debatte um Pornograhie und Kinderpornograhie in Second Life erwähnte Zweck nicht. Die Polizei der Zukunft müsse sich die Frage stellen, wie sie Menschen in der virtuellen Realität schützen könne.

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

(Detlef Borchers) / (jk)