EU-Datenschutzbeauftragter gegen Internetsperren bei Copyright-Verstößen

Peter Hustinx hat sich für die Wiederaufnahme eines Antrags in die Novellierung des EU-Telecom-Pakets ausgesprochen, wonach "Eingriffe in die Rechte und Freiheiten der Endnutzer" nur mit Richtergenehmigung erfolgen dürften.

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Der europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx hat sich in einer erneuten Stellungnahme zur laufenden Novellierung des EU-Telecom-Pakets entschieden gegen Bestimmungen zum Kappen von Internetverbindungen nach wiederholten Urheberrechtsverletzungen in einem "3 Strikes"-Verfahren ausgesprochen (PDF-Datei). Vielmehr drängt er auf die Wiedereinführung des Änderungsantrags 138 des EU-Parlaments an der Rahmenrichtlinie zur Regulierung des Telekommunikationsmarkts. Damit wollten die Abgeordneten sicher stellen, dass "Eingriffe in die Rechte und Freiheiten der Endnutzer" nur nach Einschaltung der Justizbehörden erfolgen dürften. Der EU-Rat strich diese Passage Ende November aus seiner Position zu dem Reformvorhaben. Beide Seiten arbeiten derzeit an einer gemeinsamen Linie.

Gegen die von Rat und Parlament geforderte verstärkte "Kooperation" zwischen Internetprovidern und der Unterhaltungsindustrie hat Hustinx prinzipiell nichts einzuwenden, solange es dabei um den Versand allgemeiner Copyright- oder Sicherheitshinweise an die Nutzer gehe. Persönliche Anschreiben an Surfer, die sich angeblich Urheberrechtsverstöße zuschulden kommen lassen haben, sowie Androhungen von Internetsperren lehnt der Datenschützer dagegen ab. Auf jeden Fall müsste eine systematische Überwachung der Nutzung etwa durch "Deep Packet"-Kontrollverfahren ausgeschlossen werden.

Skeptisch beäugt Hustinx zudem Bestimmungen von Providern zum "Verkehrsmanagement" in ihren Netzen. Auch hier verweist er darauf, dass gemäß Artikel 5 der ebenfalls in das Novellierungsverfahren eingeschlossenen Richtlinie zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation ein Abhören oder Abfangen der Kommunikation und darauf bezogener Verkehrsdaten ohne Einwilligung der Nutzer rechtswidrig sei. Die Haltung des Rats zu diesem Punkt bedürfe einer entsprechenden Klarstellung.

Wie zuvor Hustinx hat sich unterdessen auch die "Artikel 29"-Gruppe der europäischen Datenschutzbeauftragten in einer jetzt veröffentlichten Stellungnahme (PDF-Datei) gegen den Vorstoß des Ministerrates ausgesprochen, Zugangs- und Diensteanbietern die Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten zu erlauben, wenn dies für die Aufrechterhaltung der Funktion und Sicherheit des Netzwerks "unbedingt notwendig" ist. Zur Begründung heißt es, dass die Bedingungen zur Datenspeicherung beziehungsweise Löschvorschriften und Möglichkeiten für nationale Ausnahmen bereits ausreichend in der Datenschutzrichtlinie festgelegt seien. Eine ergänzende Regelung sei daher unnötig.

Im Bezug auf immer wieder aufkommende Debatten über die datenschutzrechtliche Stellung von IP-Adressen betont die Arbeitsgruppe, dass die Netzkennungen im Allgemeinen als persönliche, besonderen Schutzvorkehrungen unterliegende Daten anzusehen seien. Nur für den Fall, dass ein Provider eine Beziehbarkeit auf einen Nutzer ausschließen könne, sei IP-Adressen dieser Status abzuerkennen. Ferner führen die Hüter der Privatsphäre aus, dass die Browsereinstellungen allein nicht als Einwilligung etwa in die Verarbeitung von Daten aus Cookies verstanden werden könne. Für eine Nutzung brauche es eine zusätzliche Information der Nutzer. Die Datenschützertruppe macht sich ferner für umfassende Aufklärungspflichten von Unternehmen oder Behörden über Sicherheitspannen und Datenverluste stark. Hier müssten die unterschiedlichen Vorgaben des Rats und des Parlaments auf hohem Niveau vereinheitlicht werden.

Zum "Three Strikes"-Modell und den möglichen Internet-Sperren gegen mutmaßliche Urheberrechtsverletzer siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)