Weltgesundheitsgipfel: Big Data ist gesund

In wenigen Jahren wird eine normale Patientenakte in den Datensilos der Kliniken 20 Terabyte umfassen und weiter wachsen, hieß es auf dem World Health Summit. Zum Menschen gesellt sich der virtuelle Mensch, verdatet und vermessen bis zur Molekularebene.

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Von
  • Detlef Borchers

"Die Zukunft der Medizin ist Big Compute" – Big Data in der Medizin sei aber nicht nur der Wunsch vieler Mediziner: Am Sonntag startete der diesjährige World Health Summit mit recht klaren Aussagen zur Zukunft der Medizin-IT. Zur Eröffnung gab es aber erst einmal Ansprachen von Außenminister Guido Westerwelle, Gesundheitsminister Daniel Bahr und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso Die Keynote des Gipfels hielt der SAP-Gründer Hasso Plattner.

Hasso Plattners Vision von der Medizin der Zukunft

In wenigen Jahren wird eine normale Patientenakte in den Datensilos der Kliniken 20 Terabyte umfassen und weiter wachsen, schilderte Eva Reichl von Hitachi Data Systems die Zukunft. Zum Jahre 2020 werden medizinische Datenbestände 90 Zettabytes umfassen. Zum Menschen gesellt sich so der virtuelle Mensch, verdatet und vermessen bis zur Molekularebene. Hans Westerhoff, der über Silizium-Zellen forscht, rechnete zum Auftakt der Big Data-Vorträge kurz durch, welche Datenmengen da anfallen. Ein einzelner Mensch besteht aus 2 × 1024 Molekülen. Für 7 Milliarden Menschen würden damit 15 × 1033 Moleküle zu erfassen sein. Da bei allen Menschen viele Moleküle identisch sind, ließe sich die Zahl der zu erfassenden Moleküle auf 6 × 1017 reduzieren, was in wenigen Jahren problemlos bewältigt werden können: "Die Zukunft der Medizin ist Big Compute".

Hasso Plattner warb in seiner Keynote für den Einsatz der In-Memory-Datenbank SAP HANA in der Medizin. HANA sei nicht einfach eine schnelle Datenbank, sondern eine Revolution des Computerns schlechthin. Sie führe in der Proteomik dazu, dass eine Krebsanalyse um den Faktor 22 von 15 Minuten auf 40 Sekunden verkürzt werden kann. Das Sequenzieren einer DNA werde von 85 Stunden auf 5 Stunden gesenkt. Das In-Memory Genome Project zeige, wie die aufbereiteten Genomdaten etwa in der Onkologie benutzt werden können. Plattner betonte, dass die Zukunft von Big Data in der Medizin nicht nur der Wunsch vieler Mediziner sei, sondern sich auch aus einer Business-Perspektive für den Hersteller bzw. Lieferanten einer solcher Datensilos rechnen müsse.

Zu der optimistischen Vision der Medizin-IT gab es auch kritische Stimmen. So warnte der thailändische Wissenschaftler Yongyuth Yuthavong vor einer Genomik, die Entwicklungsländer überfordere, weil sie zu groß für kleine Länder sei, die gerade einmal ihre Gesundheitsversorgung aufrechterhalten können und in der IT sowieso hinterherhinkten. Helen Robinson vom Human Variome Project kritisierte die mangelhafte Vernetzung der Wissenschaftler untereinander und die überzogenen Erwartungen der Wirtschaft, dass sich die Genom-Analyse endlich auszahlen müsse.

Der zum fünften Mal stattfindene World Health Summit beschäftigt sich bis Dienstag mit vielen Themen der globalisierten Medizin. Über 1000 Teilnehmer drängeln sich in den doch sehr beengten Räumlichkeiten des Auswärtigen Amtes und beraten über die Verbesserung der weltweiten Gesundheitssituation und die Festsetzung der World Millenium Goals der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach 2015. Abseits des Kongresses läuft heute in Berlin zur Vermittlung der WHO-Ziele die Aktion Pimp your Schulbrot an, bei der Ernährungswissenschaftler Tipps für gesunde Schulbrote geben. (jk)