Besorgte Reaktionen auf Auszeit von Steve Jobs

Nach der Ankündigung des Apple-Chefs, aus gesundheitlichen Gründen für sechs Monate seinen Posten zu verlassen, herrscht Rätselraten um seinen tatsächlichen Zustand. Auch stellen sich Beobachter die Frage, wer Jobs an der Apple-Spitze nachfolgen könnte.

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Wie schlimm ist es um Steve Jobs bestellt? Nachdem der Chef und legendäre Gründer des Computerkonzerns Apple noch vor zehn Tagen erklärt hatte, er leide nur unter einem hormonellen Ungleichgewicht, das ihn zwar stark abnehmen lasse, aber relativ leicht behandelbar sei, kündigte er gestern eine sechsmonatige Auszeit vom Tagesgeschäft an. Die gesundheitlichen Probleme seien "komplexer als ursprünglich gedacht", hieß es in einer von Apple veröffentlichten E-Mail an die Mitarbeiter, die Jobs verfasst hatte. Im Silicon Valley machen seither Spekulationen die Runde, wie schwer die Erkrankung des im vergangenen Sommer stark abgemagert aufgetretenen Apple-Bosses tatsächlich ist und ob womöglich eine Krebserkrankung zurückkehrte, an der Jobs 2004 erfolgreich behandelt worden war.

Apple selbst verweigert jegliche weitere Auskunft über Jobs' Gesundheitszustand. Jim Goldman, Journalist beim US-Börsensender CNBC, der den Apple-Chef regelmäßig interviewt, schrieb in seinem Weblog, er habe mit zwei IT-Managern, die dem innerem Kreis von Jobs nahestehen, gesprochen; diese meinten, sie seien "tief beunruhigt" über seinen Zustand. Zudem hätten sie den Eindruck gehabt, Jobs habe sich lange der Realität seiner Krankheit verweigert. Der Apple-Boss sei in letzter Zeit viel weniger ansprechbar gewesen als zuvor, hätte auf E-Mails, Anrufe oder Chat-Requests kaum mehr geantwortet. Die New York Times berichtet unterdessen unter Berufung auf informierte Kreise, es handele sich bei Jobs' Erkrankung tatsächlich um ein Problem bei der Verarbeitung von Nahrung durch seinen Körper, nicht aber um eine Rückkehr seines Bauchspeicheldrüsentumors. Ärzte hätten ihm geraten, sich möglichst wenig Stress auszusetzen, was das Problem ansonsten noch verschlimmere.

Das Tagesgeschäft wird nun vom für das operative Business zuständigen Chief Operating Officer Tim Cook erledigt. Der Apple-COO gilt als graue Eminenz im Hintergrund; Marktbeobachter wie der langjährige Apple-Experte Tim Bajarin von der Consulting-Firma Creative Strategies halten ihn für einen exzellenten Manager, "den Mann, der dafür sorgt, dass (bei Apple) alles richtig umgesetzt wird", wie er Jobs' Heimatzeitung, den San Jose Mercury News, sagte. Cook war im Oktober Jobs erstmals in größerem Stil bei einer seiner Präsentationen zur Hand gegangen. Börsenanalysten wie Gene Munster von der Investmentbank Piper Jaffray glauben ebenfalls nicht, dass bei Apple nun alles zusammenbricht. "Die Innovationsgeschwindigkeit wird durchaus solide bleiben, getrieben von wichtigen, an den Produkten orientierten Managern", sagte er.

In der Branche ist man sich unterdessen uneins, ob Jobs tatsächlich im Juli wie angekündigt zurückkehrt. Apple habe mit seinem Zickzackkurs um Jobs' Gesundheit viel Vertrauen verspielt. Das zeigte sich auch im Aktienkurs: Das Papier stürzte nach der gestrigen Ankündigung zunächst ab. Ein echter Nachfolger ist nicht in Sicht: Cook fehlt Jobs' Showtalent, während Marketingboss Phil Schiller, der unlängst die Macworld-Keynote hielt, kein Produktmann ist. Als mögliches höheres Apple-Managementtalent wird unterdessen Designchef Jonathan Ive eingeschätzt, der unter anderem den iMac und den iPod gestaltete. Klar ist allerdings, dass niemand Jobs als Apple-Cheerleader wirklich ersetzen kann. Börsenanalyst Charlie Wolf von Needham & Co. glaubt, dass die Gesundheit des Firmengründers der Apple-Aktie nochmals mit minus 10 bis 15 Prozent zusetzen könnte.

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(Ben Schwan) / (jk)