Das Ende der Mainframe-Monster

Ein Tokioter Geldinstitut tauscht teure Spezialsysteme gegen kostengünstige Rechner von der Stange - und will auch seine Software öffnen.

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Früher brummte in dem sechsstöckigen Rechnergebäude der japanischen Shinsei Bank in düsteren Räumen ein ganzes Heer von riesigen Mainframe-Servern. Heute klackern hier im Tokioter Stadtteil Meguro in lichten Büros die Tasten von Callcenter-Mitarbeitern und Sachbearbeitern. Als eine der ersten Banken weltweit hat Shinsei, übersetzt "Wiedergeburt", die Mainframe-Computer ausrangiert. Die Arbeit der teuren Rechenmonster erledigt inzwischen ein Serverpark aus einfachen Computern, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

"Wir konnten so die Etagen 4 bis 13 unseres Hauptquartiers ausräumen und mit anderen Funktionen füllen", sagt Dhananjaya "Jay" Dvidedi, Technologie-Chef der Bank. Das radikale Projekt hat inzwischen die Aufmerksamkeit der Fachwelt auf sich gezogen. Die Havard Business Review erklärte Shinseis Versuch im Frühjahr unter dem Titel "Radikal einfache IT" zur "Best-Practice". Denn die Bilanz der Systemumstellung ist erstaunlich: Der ganze Prozess dauerte lediglich ein Jahr und kostete 55 Millionen Dollar. Beides ist nur ein Bruchteil dessen, was der Ersatz eines Mainframe-Systems normalerweise kostet.

Um Tempo und Sicherheit gleichermaßen zu gewährleisten, setzte Dvidedi auf die Strategie der Trippelschritte. Er ließ alle Prozesse und Komponenten in kleine Teile zerlegen und diese in vielen Projektteams parallel abarbeiten. Einzelne Probleme sollten preiswert mit Standardprodukten gelöst werden. Geldautomaten vernetzt Shinsei aus Kostengründen nicht wie andere Banken über Festnetz-Standleitungen mit dem Rechnerpark in der Zentrale, sondern über das öffentliche Internet. Zur Sicherheit hat dabei jeder Automat zwei Netzanschlüsse. In einem nächsten Schritt stellt die Bank ihre Systemsoftware auf Creative-Commons-Basis der Welt zum Lizenzieren und Weiterentwickeln zur Verfügung. "Das ist nur logisch, denn wir setzen auf die Kraft des Teams", sagt Dvidedi.

Mehr dazu in TR 09/08 (am gut sortierten Kiosk und online bestellbar):

(bsc)