Schäuble und die Online-Durchsuchung: "heimliches Betreten der Wohnung" grundgesetzkonform?
Der Bundesinnenminister meint, es gebe beim Kompromiss zu den heimlichen Online-Durchsuchungen noch Diskussionsbedarf, da er dem BKA die Installation des Bundestrojaners durch "heimliches Betreten" der Wohnung verbietet.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht auch nach dem Kompromiss über heimliche Online-Durchsuchungen noch Diskussionsbedarf. Bund und Länder müssten in Ruhe darüber reden, ob die im Grundgesetz garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung ([Artikel 13]) das "heimliche Betreten" einer Wohnung zulasse, sagte Schäuble der Leipziger Volkszeitung.
Der zwischen Innen- und Justizressort gefundene Kompromiss schließt aus, dass Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) in eine Wohnung einbrechen dürfen, um auf dem Computer eines Terror-Verdächtigten ein Spähprogramm zu installieren. Nach Ansicht der SPD wäre dies gleichbedeutend mit einer Durchsuchung und ohne Änderung der Verfassung nicht zulässig. Die sogenannten Bundestrojaner (im Strafermittler-Sprachgebrauch Remote Forensic Software genannt) dürfen demnach nur über das Internet auf den Computer eines Verdächtigen geschleust werden. Unionspolitiker sind dagegen der Ansicht, das "heimliches Betreten" genannte Vorgehen zur Installation des Bundestrojaners vor Ort sei keine Wohnungsdurchsuchung und daher grundgesetzkonform.
Schäuble wies Kritik zurück, wonach mit immer neuen Sicherheitsgesetzen ein Überwachungsstaat geschaffen wird. "Ich rate jedem, mich nicht als permanenten Verfassungsbrecher zu verleumden." Er habe nichts gegen einen gehörigen politischen Wettstreit. "Aber bei der Diffamierung unseres Rechtsstaates als Überwachungsstaat hört es auf. Es ist schändlich, dass gerade die Linkspartei alias PDS/SED damit agitiert", sagte Schäuble.
Siehe dazu auch::
- BKA-Gesetz: Kritik aus CDU, SPD und Justiz
- Abhören von Internet-Telefonie als Einfallstor für den Bundestrojaner?
- Geplanter großer Spähangriff stößt auch in der Union auf Bedenken
- Innenminister zögern beim BKA-Gesetz
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- Neues "Computer-Grundrecht" schützt auch Laptops und Daten im Arbeitsspeicher
- Karlsruhe lässt kaum Raum für heimliche Online-Durchsuchungen
- Bundesverfassungsgericht verwirft heimliche Online-Durchsuchungen im NRW-Verfassungsschutzgesetz
Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:
(dpa) / (jk)