EU-Kommission will Zugang zu Inhalten in der digitalen Welt regeln

Die Kommission nennt als Kernpunkte für Zugang und Rechtemanagement bei Online-Inhalten u. a. Transparenz und Interoperabiltät von DRM, innovative Lizenzregeln für digitale Inhalte und harmonisierte Vergütungsmechanismen für privates Kopieren.

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Von
  • Monika Ermert

Mitte des kommenden Jahres will die EU-Kommission mit einer Empfehlung von EU-Parlament und Rat der Europäischen Union Regeln für digitale Inhalte festlegen. Die lange erwartete Mitteilung der Kommission zum Zugang und zum Rechtemanagement bei Online-Inhalten, deren Entwurfsfassung heise online vorliegt, nennt als Kernpunkte die Transparenz und Interoperabiltät von Systemen zum Digital Rigths Management, innovative Lizenzregeln für digitale Inhalte und harmonisierte Vergütungsmechanismen für privates Kopieren. Zu den wichtigsten Punkten, insbesondere DRM, will die Kommission in den kommenden Monaten eine weitere Konsultation durchführen. Die Kommissionsmitteilung zu Online-Inhalten wurde mehrfach verschoben, im Laufe der Woche soll sie nun veröffentlicht werden und das Verfahren zur Schaffung der Parlaments- und Ratsempfehlung anstoßen.

Zudem plant Medienkommissarin Viviane Reding laut dem vorliegenden Entwurf die Schaffung einer "EU Platform Creative Content Online". Diese Plattform soll einen Rahmen für die notwendigen Debatten zwischen Inhalteanbietern, Rechteinhabern, Telekommunikations- und Technologieunternehmen sowie Verbraucherorganisationen schaffen. Die verschiedenen Interessengruppen sollen in diesem Rahmen bessere Antworten für den Zugang zu digitalen Inhalten, zum Respekt vor dem Urheberrecht in der digitalen Welt und auch für verbessertes Rechte- und Lizenzmanagement finden. Die Arbeit der neuen Plattform sollte nach den Vorstellungen der Kommissarin in die Ausarbeitung einer "Charta der digitalen Rechte der Verbraucher" münden.

Digitale Inhalte, beziehungsweise die Distribution klassischer Inhalte über digitale Kanäle, sieht Reding als einen wichtigen, neu entstehenden Markt. Einer Studie der Kommission zufolge werden 20 Prozent der Umsätze für Musik und 33 Prozent der Umsätze für Videospiele im Jahr 2010 online gemacht, das gesamte Marktvolumen beziffert die Mitteilung auf 8,3 Milliarden Euro. Marktteilnehmer und Politik stelle dieser Wandel allerdings vor erhebliche Herausforderungen. Die EU-Kommission sieht die Abwanderung der Nachfrage sowie der Angebote von kreativen Inhalten in digitale Kanäle als einen eindeutigen Systemwandel.

Aus Sicht der Politik müsse abgesichert werden, dass europäische Inhalte den Sprung in die digitale Welt schaffen, gerade im Wettbewerb mit Inhalten aus anderen Märkten. Gesetze, die die "Verbreitung kreativer Inhalte im Online-Bereich unnötig behindern", müssten klarer oder ganz neu gefasst werden. Dabei sei allerdings die Bedeutung des Urheberrechtes zu beachten. Der Versuch, urheberrechtlichen Schutz auf der einen und einem attraktiven und einfachen Zugang zu Inhalten auf der anderen Seite auszubalancieren, durchzieht die gesamte Mitteilung der EU-Kommission wie ein roter Faden: Nutzer müssten durch die Politik in ihrer aktiven Rolle bei der Auswahl, der Bearbeitung und der Schaffung von Inhalten unterstützt werden.

Mangelnde Zugangsmöglichkeiten und das fortbestehende Problem, dass Inhalte zu zögerlich für neue technologische Plattformen lizenziert werden, hat die Kommission als wesentliche Barrieren für die Fortentwicklung von Online-Inhalten ausgemacht: Rechteinhaber hätten Angst, die Kontrolle über ihre Inhalte zu verlieren. Genau aus diesem Grund beschäftigt sich die Mitteilung mit bestehenden Flaschenhälsen bei der paneuropäischen Lizenzierung durch Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften und dem fast schon aus der Mode gekommenen Digital Rights Management.

Das Lizenzieren von Inhalten gerade durch neue, mittlere und kleine Online-Anbieter bleibe eine Sisyphusarbeit – und das nicht nur bei so genannten verwaisten Werken, die keinen nachweisbaren Urheberrechtsvertreter mehr haben und die Kommission als Spezialproblem betrachtet. Eine Möglichkeit für mehr Transparenz beim Zugriff auf Online-Inhalte sieht die Kommission in dem von Verlegern entwickelten Automated Content Access Protocol (ACAP). Die Registrierung von Werken in offenen Datenbanken wäre aus Sicht der Kommission ebenfalls eine positiv Entwicklung, eine Verpflichtung dazu widerspreche aber internationalen Verträgen.

Der Content Online Platform will die Kommission für die kommenden Monate eine intensive Debatte zu möglichen Modellen für paneuropäische Lizenzen aufgeben und zudem noch einmal einen Versuch machen, beim Rechtemanagement durch die Verwertungsgesellschaften eine für alle Mitgliedsländer gemeinsame Strategie auszuarbeiten. Aktuell unterscheiden sich die Urheberrechtsabgaben auf Geräte in den Mitgliedsländern erheblich, ebenso wie generell die Politik der verschiedenen Verwertungsgesellschaften. Bei diesen hatte die Kommission mit ihrem ersten Vorstoß, Rechteinhabern eine Wahlfreiheit für die Vertretung ihrer Online-Rechte einzuräumen, viel Staub aufgewirbelt. Auch für die neue Online-Plattform dürfte das eine harte Nuss werden.

Bei der Herstellung von Interoperabilität für DRM hätten längliche Diskussionen leider bisher keinen Erfolg gezeitigt, schreibt die Kommission zudem. Hier will die Kommission insbesondere durch eine öffentliche Konsultation noch einmal den Weg für die geplante Empfehlung durch Rat und Parlament bereiten. Dabei dürfte es spannend werden, inwieweit die angedachten Fragen nach der Sinnhaftigkeit von DRM für das Geschäft mit den Online-Inhalten inzwischen noch so beantwortet werden wie zu Beginn der Arbeiten zu diesem Thema: Immerhin haben inzwischen eine Reihe großer Inhalteanbieter die DRM-Idee für nicht recht praktikabel erklärt. (Monika Ermert) / (jk)