Opposition wittert "Tabubruch vor der Verfassung" beim BKA-Gesetz

Vertreter von FDP, Linken und Grünen haben die geplante Ausweitung der Befugnisse des Bundeskriminalamts erneut unter Beschuss genommen, während der hessische Innenminister auf einen Alleingang bei Online-Razzien verzichten will.

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Vertreter von FDP, Linken und Grünen im Bundestag haben die umstrittene geplante Ausweitung der Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) erneut unter scharfen Beschuss genommen, nachdem der Referentenentwurf an die Öffentlichkeit durchgesickert war. Der Rechtsexperte der Linken, Wolfgang Neskovic, sprach von einem "Tabubruch" vor der Verfassung. Die bestehende Trennung von Polizei und Geheimdiensten werde von der Bundesregierung "gnadenlos fallen gelassen". Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, in der Berliner Zeitung. Das Vorhaben würde der Wiesbadener Behörde ihr zufolge die Kompetenz geben, "heimlich zu beobachten, ohne auch wirklich schon konkrete Anhaltspunkte für Gefahren zu haben".

Die Innenexpertin der Liberalen, Gisela Piltz, lehnte entschieden die Forderung des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, ab, die Befugnis für heimliche Online-Durchsuchungen auch den Staatsschützern in die Hand zu geben. Das Instrument dürfe nicht "zur Vorfeldermittlung ohne konkreten Verdacht" eingesetzt werden. Der Regierung warf sie vor, die engen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Ausspähung von IT-Systemen durch "gesetzestechnische Trickserei" auszuhebeln. So sei vorgesehen, dass das BKA dem Verfassungsschutz bei Online-Razzien abgeschöpfte Daten übermitteln dürfe. Dies halte die von Karlsruhe gezogene Grenze einer "konkreten Gefahr" für überragend wichtige Rechtsgüter nicht ein.

Der Sprecher für innere Sicherheit der Grünen, Wolfgang Wieland, bekräftigte seinen "Horror" vor der gesamten Initiative. Das BKA würde damit über das "Instrumentarium eines Geheimdienstes" verfügen. Es dürfe ferner "praktisch alles, was die Landeskriminalämter bislang nur in absoluten Ausnahmefällen durften".

Laut dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, wäre das Trennungsgebot dagegen nur dann verletzt, wenn die Polizei den Verfassungsschutz einsetzen könnte oder der Verfassungsschutz polizeiliche Befugnisse erhalten sollte. Beides sei im Entwurf nicht vorgesehen. Der Informationsaustausch zwischen Ermittlern und Nachrichtendiensten dürfe nicht gänzlich verhindert werden.

Hessens Innenminister Volker Bouffier hat derweil seinen mit Bayern geplanten Alleingang bei Netzbespitzelungen abgeblasen. Der CDU-Politiker verkündete, angesichts der Mehrheitsverhältnisse in seinem Land derzeit keine Änderung des Polizeigesetzes anzustreben, um Fahndern für das Aufspielen von Überwachungssoftware zur Ausforschung von Rechnern das Eindringen in Wohnungen Verdächtiger zu ermöglichen. Es gelte abzuwarten, ob sich die vorgeschlagene Bundesregelung bewähre. Diese sieht vor, dass Trojaner für verdeckte Online-Durchsuchungen nur über das Internet etwa per E-Mail-Anhang auf Zielsysteme geschmuggelt werden dürfen. FDP, Grüne und Linkspartei im hessischen Landtag lehnen Online-Razzien weiter generell ab. (Stefan Krempl) / (pmz)