Was ist ein Arbeitsunfall?

Arbeitsunfälle müssen nicht zwingend während der Arbeitstätigkeit geschehen, sondern nur in Zusammenhang damit stehen. Weil vieles Auslegungssache ist, müssen immer öfter Gerichte entscheiden, wann die gesetzliche Unfallversicherung haften muss.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Die gesetzliche Unfallversicherung fängt Betroffene im Falle eines Unfalls mit einem kompletten Betreuungs- und Entschädigungssystem auf. Allerdings geht es bei den hier abgesicherten Arbeitsunfällen eben nicht nur um Fälle, die während der Arbeitstätigkeit selbst passieren. Vielmehr sind alle Unfälle abgesichert, die "infolge der versicherten Tätigkeit" geschehen. Darüber, was "infolge" genau bedeutet, wird öfter vor Gericht gestritten, wie auch die folgenden Urteile zu diesem Thema zeigen.

Trinkunfall in der Arbeitspause

Ein Malheur beim Trinken während der Kopierpause ist kein Arbeitsunfall. Das hat das Dresdner Sozialgericht entschieden. Geklagt hatte der Mitinhaber eines Unternehmens, der sich in der Firma zwischen zwei Kopiergängen ein alkoholfreies Bier gegönnt hatte. Als es beim Öffnen der Flasche überraschend stark schäumte, wollte der Mann das überprudelnde Bier schnell abtrinken. Dabei knallte er mit den Zähnen so unglücklich gegen den Flaschenhals, dass er sich mehrere Zahnspitzen abbrach. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, die Einschätzung wurde vor Gericht bestätigt. Die Nahrungsaufnahme sei grundsätzlich nicht unfallversichert, so die Richter. Das Trinken stehe auch nicht in Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, denn Kopieren rufe kein besonderes Durst- oder Hungergefühl hervor (Urteil vom 1. Oktober 2013, Az.: S5 U 113/13).

Trinkunfall in der Arbeitspause, II

Anders sieht es hingegen aus, wenn die Pause einen beruflichen Zusammenhang hat. So wie im Falle eines Taxifahrers, der sich während seiner Kaffeepause verletzt hatte und Geld von der Unfallversicherung wollte. Die muss zahlen, entschied das saarländische Landessozialgericht. Denn die Kaffeepause hatte der Mann nur gemacht, weil er noch auf einen verspäteten Fahrgast warten musste. Und da die Wartezeit in Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stand, war sie auch versichert (Az.: L2 U1/13).

Unfall auf Toilette

Ein Unfall in der Toilette des Unternehmens ist kein Dienstunfall, das hat das Verwaltungsgericht München entschieden (Urteil vom 8.8.2013, Az.: M 12 K 13.1024). Geklagt hatte ein Polizist, der sich in der Toilette des Polizeigebäudes an der Hand verletzt hatte. Er war beim Festhalten einer Tür abgerutscht, diese fiel zu und klemmte ihm den Mittelfinger ein. Die Verletzung wollte er als Dienstunfall anerkennen lassen – vergeblich. Wie das Gericht erklärte, ist zwar der Weg zur Toilette, ähnlich wie der zur Kantine, versichert. Doch auf dem Klo selbst geht der Betroffene nach Ansicht des Gesetzgebers dann nur noch seinen privaten "Geschäften" nach. Sobald ein Arbeitnehmer die Toilette betritt, ist er im Zweifelsfall also nicht mehr versichert.

Vom eigenen Hund überrannt

Wer vom eigenen Hund überrannt wird, hat hingegen gute Aussichten auf Anerkennung eines Dienstunfalls. Das gilt auch, wenn der Vorfall gar nicht um Unternehmen, sondern noch Zuhause stattgefunden hat. So muss die Unfallversicherung im Falle eines Arbeitnehmers haften, der von seinem Schäferhund umgerannt und dabei am Bein verletzt worden war. Der entscheidende Punkt: Der Mann war auf dem Weg zum Auto, mit dem wollte er zur Arbeit fahren. Daher stand der folgenreiche Gang bereits in Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit und war somit auch versichert, so das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (Urteil vom 26.6.2013, Az.: L 6 U 12/12). ()