Compaq kauft sich einen Direktvertrieb
Computerhersteller Compaq hat, statt einen eigenen Direktvertrieb aufzubauen, kurzerhand die Vertriebsorganisation des US-Distributors Inacom gekauft.
Für 370 Millionen US-Dollar hat Compaq am gestrigen Dienstag, dem 4. Januar 2000, die Vertriebsorganisation des US-Distributors Inacom gekauft. Von diesem Schritt erhofft sich der Computerhersteller einen leichteren Zugang zu den Endkunden. Die Mitbewerber Dell und Gateway haben bereits erfolgreich vorgemacht, wie Markenhersteller auf Direktvertriebsbasis gedeihen können.
Compaq vertreibt seine Produkte bislang größtenteils über Zwischenhändler. Im Vergleich dazu erfordert der direkte Verkauf an Endkunden deutlich weniger Lagerkapazität, weil die Geräte nicht erst beim Händler verstauben. Durch den schnelleren Warenumschlag wird weniger Kapital gebunden, zudem sind die verkauften Rechner aktueller – beides sind wichtige Wettbewerbsvorteile im heiß umkämpften Rechnermarkt. Ein angenehmer Nebeneffekt der Direktvermarktung ist darüber hinaus die Möglichkeit, Rechner kundenspezifisch zu konfigurieren und lukrative Peripheriekomponenten mit zu verkaufen.
Analysten hatten in der Vergangenheit mehrfach bemängelt, dass die Fertigungskapazität und die Vertriebsstrukturen bei Compaq für die geplante Expansion in den Markt der "Internet Appliances" nicht ausreichen würden. Geräte wie der im November vorgestellte iPaq sollen den Umsatz des Computerherstellers nun kräftig ankurbeln.
Compaq-Chef Michael Capellas hat Pläne für eine Erweiterung der Direktvertriebskanäle auch außerhalb Amerikas angedeutet. Der eingeschlagene Weg, keine eigene Vertriebsstruktur aufzubauen, sondern durch den Kauf einer bestehenden Vertriebsorganisation schnell ans Ziel zu kommen, zeitigt einen kuriosen Nebeneffekt: Neben Compaq-Geräten bleiben zumindest vorerst auch Produkte der Mitbewerber Hewlett-Packard und IBM im Inacom-Angebot. (ciw)