Netzbetreiber beklagen mangelnde Glasfaser-Nachfrage

Teilnehmer der Konferenz der Breitbandinitiative liefern Gegnern des Glasfaserausbaus Munition frei Haus: Die Kunden seien mit 16 MBit/s ganz zufrieden, melden die Deutsche Telekom und EWE Tel.

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Viele "Power-User" wünschen sich lediglich höhere Bandbreiten, ordern sie aber anscheinend nicht. Der Breitband-Königsanschluss, die Glasfaser im Haus, ist Providern zufolge weitgehend ein Ladenhüter. "Wir haben bisher 800.000 Haushalte mit Fibre to the Home (FTTH) angeschlossen", erklärte Marcus Isermann, Regulierungsexperte bei der Deutschen Telekom, am Dienstag auf einer Konferenz der Deutschen Breitbandinitiative in Berlin. Die Entwicklung in diesem Bereich gehe "langsamer als erhofft". Offenbar müsse die Bandbreitennutzung etwa durch werthaltige Online-Dienste und damit die Zahlungsbereitschaft für FTTH "noch etwas befeuert" werden.

"Wir haben Westerstede mit Glasfaserkabel ausgebaut, die darauf basierenden Angebote werden aber wenig angenommen", stimmte Norbert Westfal vom norddeutschen Netzbetreiber EWE Tel in das Klagelied ein. Ein FTTH-Anschluss kostet bei dem Zugangsanbieter einmalig 300 Euro und die monatlichen Gebühren sind vergleichbar zu den VDSL-Preisen der Telekom, so Westfal. Doch die Nachfrage ist "noch immer sehr gering". Die Kunden sind laut der EWE Tel mit ADSL-Bandbreiten bis 16 MBit/s "ganz zufrieden". EWE Tel baut daher zwischenzeitlich Fibre to the Curb (FTTC) aus, also Glasfaserkabel bis zum Kabelverzweiger. Derlei Zugangsdienste verwertet der Betreiber vor allem auf dem Land gut, also in der bisherigen "Internet-Diaspora".

Die Glasfaser, das beste Pferd im Stall bleibt unausgelastet: Wilhelm Dresselhaus (Alcatel-Lucent), Marcus Isermann (Deutsche Telekom), Karl-Peter Hoffmann (Stadtwerke Sindelfingen), Wolf Osthaus (Unitymedia KabelBW) und Norbert Westfal (EWE TEL) auf der Konferenz der Breitbandinitiative.

Immerhin etwas besser verkäuflich sind Glasfaserverbindungen bis ins traute Heim im Südwesten der Republik. "Wir können von Hausbesitzern einige hundert Euro für FTTH verlangen", plauderte Karl-Peter Hoffmann von den Stadtwerken Sindelfingen aus dem Nähkästchen. "Bei 1000 Euro hört es aber auf". Vor allem Koppelprodukte mit etwa Erdgas funktionierten gut. Die kommunale Einrichtung ist derzeit vor allem auf einem früheren Flugfeld gemeinsam mit der Partnergemeinde Böblingen am Strippenziehen. Hoffmann bedauerte dagegen, dass Großmarktangebote für einen offenen Zugang zu eigenen Glasfaserleitungen für Drittanbieter noch nicht gefragt seien: "Wir haben bisher niemand gefunden, der unser Netz nutzen möchte."

Bei der Kabelgesellschaft Unitymedia KabelBW, die in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen tätig ist, liegen Pakete mit Internetanschluss bis zu 100 MBit/s hingegen nicht wie "Sauerbier" auf Lager. 50 Prozent der versorgten Haushalte versorgt man bereits mit derlei Bandbreiten, die nahe Perspektive liegt bei 400 MBit/s, erklärte der Firmenvertreter Wolf Osthaus. Der Netzbetreiber arbeitet zum rascheren Ausbau etwa in Neubaugebieten auch mit Energieversorgern zusammen: "Wir übernehmen passive Infrastrukturen, die diese gelegt haben", so Osthaus. An den Staat appellierte Osthaus, "Geld im Markt zu lassen", aber "nicht alles bis auf die kleinste Ebene runterzuregulieren". Insgesamt treibe der Wettbewerb unterschiedlicher Infrastrukturen den Breitbandausbau am besten und für den Steuerzahler am günstigsten voran.

[Update]:Die ursprüngliche Fassung des Textes zitierte den Telekom-Sprecher Marcus Isermann fälschlicherweise mit den Worten "Wir haben bisher 8000 Haushalte mit Fibre to the Home (FTTH) angeschlossen". Tatsächlich sprach er aber von 800.000 per FTTH ans Internet angeschlossenen Haushalten. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.[/Update]

(dz)