Crowdfunding: Heischen um Aufmerksamkeit

Die Halbfinalisten des Wettbewerbs "Insert Coin" gewinnen zwar Preisgelder, doch der größte Gewinn liegt in der Öffentlichkeitswirkung.

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Der Erfolg des Crowdfunding ist sein eigener Feind: Die Zahl der Projekte, die Geldgeber suchen, lässt sich längst nur noch erahnen. Da die Crowd aber nicht endlos ist, liegt die Herausforderung inzwischen weniger bei der Originalität der Idee, als vielmehr im Erheischen von Aufmerksamkeit. Selbst Stars wie Schauspieler Michael Dorn (Star Treks "Worf") können daran scheitern.

Insert Coin (5 Bilder)

Mit hohem technischen Aufwand werden mt GrowCube Obst und Gemüse vertikal angebaut. (Bild: http://info.growcu.be)

Ein Zugang zur Öffentlichkeit sind Wettbewerbe, wie ihn Engadget mit "Insert Coin" ("Münze einwerfen") aufgelegt hat. Die zehn Halbfinalisten durften sich dieses Wochenende auf der Messe Engadget Expand in New York präsentieren. Die Produktideen sind fast alle schon weit fortgeschritten. Das Crowdfunding dient also nicht der Entwicklung, sondern der Finanzierung der ersten Serienproduktion.

Sowohl eine Jury als auch die Öffentlichkeit wählen einen Sieger. Seitens der Preisrichter winken 10.000 Dollar für den Sieger, der Publikumsheld bekommt 15.000. Die Halbfinalisten haben jeder 1.000 Dollar als Zuschuss zu den Reisekosten nach New York erhalten. Diese Beträge sind freundliche Gesten, bringen aber kein Projekt vom Prototyp ins Schaufenster. Der eigentliche Gewinn bei Insert Coin liegt in der Öffentlichkeitswirkung.

Ins Finale geschafft haben es der Drahtformer DIWire Bender, der Multi-Scanner Blinkscan, das vertikale Gewächshäuschen GrowCube, die elektronische Fahrradklingel MyBell und die WLAN-gesteuerte Steckerleiste Smart Power Strip.

Wie 3D-Drucker zählt der DIWire Bender zur Sparte der Rapid-Prototyping-Geräte. Er biegt Drähte zu beliebigen Formen zusammen und sammelt ab Dienstag auf Kickstarter Geld für die erste Serienproduktion.

Blinkscan erinnert an einen Overheadprojektor, ist aber eine Kamera. Das Gerät fotografiert die aufgelegten Gegenstände hochauflösend und macht dabei Monochromfotos in drei verschiedenen Farben. Diese Bilder werden anschließend automatisch zusammengeführt, ihres Hintergrunds entledigt und zugeschnitten. Sind mehrere Sachen aufgelegt, werden die Abbildungen in getrennten Dateien abgelegt. Bis zu 60 Gegenstände können gleichzeitig aufgenommen werden.

GrowCubes sind stapelbare Quader, in dem sich Regalfächer auf einem Rad langsam im Kreis drehen. Darauf werden Nutzpflanzen gesetzt, Erde gibt es nicht. Überdruck im Quader soll Ungeziefer fernhalten. Ein Computer steuert die Zufuhr von Licht sowie eines Wassernebels, der mit Nährstoffen versetzt ist. Das Programm ist abhängig vom Angebauten. Über Crowdsourcing sollen die Erfahrungen mit verschiedenen Pflanzen geteilt werden, um die Steuerung zu optimieren. Im New Yorker Stadtteil Brooklyn soll ein ganzes Lagerhaus mit GrowCubes bestückt werden, um direkt in der Stadt auf geringer Grundfläche Nahrungsmittel anbauen und ernten zu können. Initiator ist das Hackerlabor NYC Resistor Collective, das seine Growcubes auch in möglichst viele Schulen bringen möchte.

Die MyBell ist richtig laut und lässt sich mit beliebigen Audiodateien bestücken. Dank Gummiband kann diese E-Klingel auch schnell an Mietfahrrädern angebracht werden.

Der Smart Power Strip (Video) schließlich ist eine intelligente Steckerleiste mit WLAN. Sie misst den Stromverbrauch jeder einzelnen Steckdose und kann Nachrichten absetzen. Mit der passenden App kann die Stromzufuhr aus der Ferne kontrolliert werden. Die erste Charge jeder Steckernorm soll auf Kickstarter vorfinanziert werden. Los geht es noch im November mit nordamerikanischen Steckdosen.

Im Halbfinale waren noch ein Set günstiger Körpersensoren namens BITalino, ein noch in den Kinderschuhen steckendes Projekt unter dem Namen HeadsUp für einen günstigen Smartphone-Projektor für Windschutzscheiben, der mit Handgesten und Sprachkommandos gesteuert wird, der iOximeter zur Messung von Puls und Sauerstoffsättigung am Handy ohne separate Batterie, das vernetzte Brieffach Mr. Postman und NutriSurface. Letzteres Projekt baut Schneidbretter, Tassenuntersetzer und dergleichen mit eingebauter Waage und Bluetooth-Anbindung in Open Source, zwecks Erfassung der Nahrungsmittelzunahme und beliebigen anderen Anwendungen. Manche dieser Projekte haben schon in anderen Wettbewerben Aufmerksamkeit gefunden. Demnächst werden die meisten ihr Glück auf einer Crowdfunding-Plattform versuchen. HeadsUp sammelt direkt auf der eigenen Website Vorbestellungen.

[Update 11.11.2013 08:37]:

Der Jury-Preis ging an DIWire Bender, der Publikumspreis an GrowCube. (axv)