iPad mini Retina ausprobiert und angetestet

Seit wenigen Tagen ist das iPad mini mit Retina-Display bestellbar. Wir haben ein Gerät ergattert und werfen im c't-Labor einen ausführlichen Blick auf Apples kleines Tablet mit der hohen Auflösung.

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Endlich scharfe Minis: Apple bringt das iPad mini Retina nach mehreren Wochen des Wartens in den Handel. Ein hoch auflösendes Display und der schnelle A7-Prozessor sollen die zwei gravierenden Schwachstellen des ersten iPad mini auswetzen. Konkurrenten aus dem Android-Lager wie dem Nexus 7 von Google begegnet es technisch also auf Augenhöhe.

Das iPad mini Retina muss sich gerade im c't-Labor beweisen.

Ohne aufs Display zu schauen, lassen sich die zwei Generationen des iPad mini kaum Auseinanderhalten. Gleich breit, gleich lang und nur einen Hauch dicker ist das Neue. Dass das immer noch sehr gut verarbeitete Metallgehäuse 7,5 statt 7,2 Millimeter hoch ist, fällt selbst im direkten Vergleich nicht auf. Spürbar sind die 25 Gramm Mehrgewicht; mit nun 331 Gramm lässt sich aber weiterhin bequem mit einer Hand halten. Dabei hilft die Erkennung des aufliegenden Handballens: Der wird zuverlässig ignoriert, wenn man das Tablet im Hochformat hält.

Das Display des iPad mini Retina bleibt gleich groß, statt mickriger 1024 × 768 Pixel verteilen sich nun 2048 × 1536 davon auf den 7,9 Zoll – genauso viele Punkte wie beim großen iPad Air. Die Pixeldichte ist für Tablets enorm hoch (325 dpi) und liegt gleichauf mit der zweiten Generation des Nexus 7 oder dem Kindle HDX 7. Einzelne Pixel konnten wir nicht ausmachen. Kleine Schrift – etwa auf Webseiten – bleibt auch ohne Zoom lesbar. Eher macht die eigene Sehstärke schlapp.

Der Bildschirm leuchtet mit rund 310 cd/m2 genauso hell wie der des Vorgängers. Guter Durchschnitt, aber gegen das spiegelnde Displayglas wird die Hintergrundbeleuchtung bei Sonnenlicht kaum ankommen. Schlechter geworden ist die Ausleuchtung: Die Helligkeit fällt am oberen Rand des Bildschirms sichtbar ab. Zudem lässt sich das Display wie beim Vorgänger mit wenig Kraft so weit eindrücken, dass dabei Schlieren entstehen.

Das neue iPad mini sieht wie ein zu heiß gewaschenes iPad Air aus: Alles etwas kleiner, aber optisch und technisch fast identisch.

(Bild: Apple)

Im Tablet steckt der neue A7-Prozessor von Apple, der schon im iPhone 5s und iPad Air überzeugen konnte. Wie im 5s sind die zwei Prozessorkerne im iPad mini Retina mit 1,3 GHz getaktet. Das Air bekommt 100 MHz mehr – messbar, aber nicht spürbar. So oder so ist der Chip enorm schnell und das mini liegt erwartungsgemäß im CPU-Benchmark Coremark mit 7200 Punkten nur knapp hinter dem großen Bruder (7700 Punkte). Beide kommen auf etwa 5,5 Punkte pro MHz.

Keine Unterschiede gibt es in der Grafikleistung. Im GFXBench 2.7 liefert der PowerVR G6430 in Full-HD 26 fps und in der vollen Auflösung noch 17 fps. Beim 3Dmark gibt die von der CPU abhängige Physikberechnung den Ausschlag zu Gunsten des Air. In der Praxis macht sich die Grafikleistung etwa im anspruchsvollen Real Racing 3 bezahlt. Das läuft auch in voller Auflösung enorm flüssig, unschöne Treppen an Kanten gibt es nicht, selbst die Anzeigen im Cockpit sind problemlos ablesbar.

iPad mini Retina Testbilder (5 Bilder)

Displaytest iPad Mini Retina

Mit 978:1 ist der Kontrast des zweiten iPad Mini schlechter als beim ersten (rund 1200:1), dafür vergrößert der Hersteller den möglichen Blickwinkel auf überdurchschnittliches Niveau.

Die gerne beworbene 64-Bit-Unterstützung hat im Alltag (noch) keine Auswirkungen. Im für 64 Bit kompilierten Coremark beträgt der Vorsprung vor der 32-Bit-Version maximal 15 Prozent, andere Benchmarks wie der 3DMark profitieren hingegen nicht. iOS 7 flutscht einfach flüssig über den Schirm.

Deutlich zugelegt hat der Akku – von 16 Wh auf üppige 24 Wh. Angesichts der höheren Displayauflösung war das wohl auch nötig. Ob der größere Akku Auswirkungen auf die Laufzeit hat, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Apple selbst verspricht die gleiche Ausdauer: 9 Stunden WLAN-Surfen und 10 Stunden Video. Als Netzteil liegt nicht mehr der kleine 5-W-Adapter des iPhone bei, sondern ein doppelt so starker Adapter mit 10 W.

Update 14:45 Uhr: Die erste Laufzeit ist fertig. Knapp 9 Stunden Videowiedergabe hielt das Tablet bei einer normalen Helligkeit von 200 cd/m2 durch. Eine Stunde kürzer als das erste mini. Erfahrungsgemäß wird der Wert nach einigen Ladezyklen jedoch noch besser.

Ab 390 Euro bietet Apple das iPad mini Retina an. Viel Geld für ein 7-Zoll-Tablet mit 16 GByte internem Speicher: Für 350 Euro gibt es das voll ausgestattete Nexus 7 mit 32 GByte und LTE. Mehr Platz ist bei Apple besonders teuer: 90 Euro mehr werden jeweils für eine Verdopplung fällig. Eine Möglichkeit nachträglich mehr Speicher nachzurüsten gibt es nicht, ein SD-Kartenslot fehlt, externe Datenträger lassen sich nicht anschließen. Für LTE sind noch einmal 120 Euro mehr auf den Tisch zu legen, was den Preis auf bis zu 780 Euro treibt.

Flach ist das iPad mini mit Retina-Display immer noch, aber spürbar schwerer.

(Bild: Apple)

Der erste Eindruck

Apple hat das iPad mini abgeliefert, das der Vorgänger hätte sein müssen. Die Hardware des mini Retina wird dem eigenen Premium-Anspruch diesmal tatsächlich gerecht. Der schlägt sich beim Preis von mindestens 390 Euro jedoch noch deutlicher nieder. Die happigen Aufpreise für Speicher und Mobilfunk katapultieren die besser ausgestatteten Varianten abseits jedes vernünftigen Preis-Leistungsverhältnis. Damit und davon kann Apple allerdings seit jeher gut leben.

Betrachtet man nur das Apple-Universum, dann sind die 100 Euro Aufpreis zum weiter angebotenen alten iPad mini sehr gut angelegt. Denn dessen krümlige Darstellung stört schon bei Icon-Beschriftung, der SoC stößt an seine Leistungsgrenze. Interessant wird es in die andere Richtung: Für 90  Euro mehr gibt es das iPad Air mit knapp 2 Zoll größerer Displaydiagonale. Die größere Fläche ist für die Bedienung angenehmer, Schaltflächen nicht so fummlig. Filme und Bilder kommen auf dem größeren Schirm besser zur Geltung. Doch das iPad Air ist auch schwerer und etwas unhandlicher. Zum Lesen ist das kleinere Tablet die bessere Wahl.

Ist man nicht auf das Apple-Ökosystem festgelegt, gibt es viele günstige Alternative wie das aktuelle Nexus 7. Das ist ausreichend schnell sind und kann mit einem ebenso scharfem Bildschirm protzen. Mit dem Kindle Fire HDX 7 ab 230 Euro ist ein weiterer High-End-Konkurrent gerade erst gestartet. Auch der ist in der Redaktion eingetrudelt und darf sich bald gegen das mini beweisen.

Im Laufes des Tages werden wir den Artikel um weitere Ergebnisse aus dem c't-Labor ergänzen. Geplant sind unter anderem eine erste Akkulaufzeit und eine genaue Vermessungen des Displays. Den Test mit den finalen Ergebnisse finden Sie in der c't 26/13.
(asp)