Google-Manager in Italien vor Gericht
Vier hochrangige Google-Mitarbeiter müssen sich vor einem Mailänder Gericht in einer Grundsatzfrage verantworten: Ist der Internetgigant für die Inhalte seiner Nutzer verantwortlich?
Im italienischen Mailand wird seit dem gestrigen Dienstag vier hochrangigen Google-Managern wegen Verleumdung und Verletzung der Privatsphäre der Prozess gemacht. Den Verantwortlichen des Suchmaschinenkonzerns wird vorgeworfen, die Privatsphäre eines Jungen mit Down-Syndrom verletzt zu haben. Google habe den Upload eines dreiminütigen Clips auf seine Video-Plattform zugelassen, in dem der 17-Jährige von Mitschülern schikaniert wurde.
Einer der vier an der Tat beteiligten Schüler hatte das Handyvideo im Oktober 2006 bei Google Video veröffentlicht. Zwei Monate später forderte das italienische Innenministerium Google zur Löschung des Clips auf, woraufhin es der Suchmaschinenriese nach Angaben seiner Anwälte innerhalb kürzester Zeit aus seinem Angebot entfernte. Die nun angeklagten Manager, darunter auch Googles oberster Datenschützer Peter Fleischer und David Drummond, Senior Vice President und Chief Legal Officer, waren damals selbst nicht unmittelbar an diesem Vorgang beteiligt.
Mit der Anklage solle geklärt werden, "ob die Datenschutzrichtlinien, die für Fernsehen und Radio gelten, auch für das Internet wirksam sind", sagte der klageführende Staatsanwalt gegenüber der International Herald Tribune. Der Prozess solle auf die Löcher in der italienischen Gesetzgebung aufmerksam machen. Nach Ansicht der Staatsanwalt sei Google nicht als Provider, sondern vielmehr als Inhalte-Anbieter zu sehen und damit direkt für hochgeladene Videos verantwortlich, heißt es in italienischen Medienberichten.
Google sieht dagegen keine rechtliche Grundlage für die Vorabsichtung von Inhalten, die bei Diensten wie Google Video, Youtube oder auch Googles Blog-Plattform Blogger.com hochgeladen werden. Das Unternehmen entschuldigte sich bei dem Opfer, sieht diesen Prozess jedoch als direkten Angriff auf das freie Internet. Es sei, als würde man einen Briefträger für die Verbreitung von Hassschriften mit der Post anklagen. Google werde seine Mitarbeiter in dieser Sache energisch verteidigen.
Für die nun den Google-Managern vorgeworfenen Vergehen sieht das italienische Recht eine Strafe von bis zu 36 Monaten Freiheitsentzug vor. Bis zu einer möglichen Verurteilung, die von Beobachtern für unwahrscheinlich gehalten wird, oder einem Freispruch könnten allerdings noch Jahre vergehen. Zum Prozessauftakt am gestrigen Dienstag in Mailand, zu dem sich die vier Angeklagten von ihren Anwälten vertreten ließen, ging es unter anderem um Anträge der Nebenkläger. Die Stadt Mailand und eine Behindertenorganisation wollen der Klage beitreten. Die Kammer vertagte die Anhörung auf den 18. Februar. (rei)