"Zensurmaschine": Bitkom warnt vor mehr Providerhaftung

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint: Die Pläne der Großen Koalition, das Urheberrecht im Netz zu stärken und dafür die Haftungsprivilegien von Sharehostern einzuschränken, gehen dem Branchenverband Bitkom zu weit.

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Der Branchenverband Bitkom kritisiert die Pläne von Union und Sozialdemokraten, im Falle einer großen Koalition die Haftungsprivilegien von Internet-Providern einzuschränken. "Was zunächst sinnvoll erscheint, kann sich schnell zu einer Zensurmaschine auswachsen", warnte Verbandspräsident Dieter Kempf am Sonntag in Berlin. Host-Provider, zu denen auch soziale Netzwerke gehören, müssten sämtliche auf ihren Servern gespeicherte Daten nach illegalen Inhalten durchsuchen.

Bisher haften Hoster und Zugangsanbieter nicht für Verstöße ihrer Kunden. Sobald Hosting-Anbieter Kenntnis von Verstößen erhalten, müssen sie allerdings handeln. Im Falle von Sharehostern wie Rapidshare hatte der Bundesgerichtshof zuletzt bestätigt, dass einem Unternehmen, dessen Geschäftsmodell "strukturell die Gefahr massenhafter Urheberrechtsverletzungen" birgt, erweiterte Prüf- und Handlungspflichten zuzumuten seien.

Die Branche fürchtet, dass diese Auflagen auch auf andere Hoster oder Zugangsanbieter ausgedehnt werden sollen. Darüber wird in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD derzeit diskutiert. "Die Provider dürfen nicht zu Hilfspolizisten der Vollzugsbehörden gemacht werden“, mahnte Kempf. Das geltende Recht biete eine ausreichende Handhabe gegen Rechtsverletzungen. Die internationale Zusammenarbeit müsse aber verbessert und gestärkt werden, da viele Hoster ihren Sitz im Ausland haben.

Grundsätzlich begrüßt der Bitkom die in den Koalitionsverhandlungen bisher vereinbarten netzpolitischen Weichenstellungen. "Zum ersten Mal hat bei der Regierungsbildung eine spezielle Arbeitsgruppe Vorschläge für die digitale Wirtschaft gemacht. Die Ergebnisse können sich sehen lassen", meint Kempf. "In den abschließenden Beratungen sollten die Forderungen der Netzpolitiker in den Koalitionsvertrag übernommen und die Finanzierung zentraler Vorhaben gewährleistet werden." Dazu zählen unter anderem Mittel für den Breitbandausbau. (vbr)