Facebook bleibt im Iran gesperrt

Aus Sicht der iranischen Justiz gelte Facebook als "krimineller Inhalt", sagte der Leiter des dortigen Zentrums für Informationstechnik und Statistik.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 51 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Parisa Tonekaboni

Im Iran soll nach monatelangen Diskussionen der Zugang zu Facebook weiterhin gesperrt bleiben. Der Leiter des Zentrums für Informationstechnik und Statistik, Hamid Schahriyari, sagte am vergangenen Sonntag, Facebook gelte aus der Sicht der iranischen Justiz als "krimineller Inhalt". Das soziale Netzwerk führe zur Verbreitung von "Korruption und Prostitution"und sammele nationale Informationen für ausländische Geheimdienste, erklärte Schahriyari. Das Zentrum für Informationstechnnik und Statistik ist der iranischen Justiz unterstellt.

Schahriyari räumte ein, dass Webseiten zu sperren nicht effektiv sei und forderte grundlegende Schritte. Es sollten ein nationales Informationsnetz sowie inländische soziale Netzwerke entwickelt werden. Ebenso hat der Sprecher der iranischen Jusitz, Gholam Hossein Mohseni Edjei, jüngst betont, dass die Zugangssperre für Facebook weiterhin bestehen bleiben wird.

Die Kulturkommission des iranischen Parlaments beschäftigt sich seit Sonntag mit einem Gesetzentwurf zu Facebook. Während sich vorige Woche Vertreter verschiedener Ministerien zusammengesetzt hatten, um die Aufhebung der Facebook-Sperre zu diskutieren, kritisierte die konservative Abgeordnete Fatemeh Rahbar die Regierung dafür. Sie sagte, das Parlament werde diese Angelegenheit verfolgen. Starker Gegenwind bekam die Regierung ebenfalls vom Großayatollah Naser Makarem Schirasi. Er kritisierte den Minister für islamische Führung und Kultur, Ali Dschannati für seine Forderung, die Facebook-Sperre aufzuheben. Dschannati hatte vor vier Wochen gesagt Facebook, müsse für alle erreichbar sein.

Der Zugang zu Facebook ist seit den Unruhen nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl 2009 im Iran gesperrt. Das iranische Regime versucht seit vielen Jahren den Zugang zu oppositionellen Webseiten und sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter zu kontrollieren. Mit der Wahl des als moderat geltenden Klerikers Hassan Rohani zum Präsidenten hatten viele Iraner auf eine Lockerung der Internetzensur gehofft. Nicht zuletzt da einige der Minister und Regierungsvertreter selbst Facebook- und Twitter-Konten haben.

Diese Aktivitäten haben die Konservativen immer wieder in den vergangenen Monaten kritisiert. Hamid Schahriyari erklärte, die Mitgliedschaft einiger Regierungsvertreter könne nicht als Erlaubnis für die Allgemeinheit interpretiert werden, ausländische soziale Netzwerke zu nutzen. Viele Iraner halten aber diesen Zustand für Doppelmoral. Auch der iranische Polizeichef Esmail Ahmadi Moghaddam kritisierte Regierungsvertreter für die "langsame Durchquerung der roten Linien". Alle sollten die Regeln beachten, so Ahmadi Moghaddam.

Eine Mitgliedschaft bei Facebook ist im Iran nicht strafbar, allerdings ist die Umgehung der Zugangssperren durch Nutzung von VPN-Servern gesetzeswidrig. Juristisch herrscht Unklarheit in vielen Bereichen der Internetnutzung. Faktisch bleibt Facebook weiterhin verboten. (anw)