NSA sammelt täglich Milliarden Handy-Standortdaten

Neue Dokumente des NSA-Whistleblowers Edward Snowden belegen, dass die NSA täglich milliardenfach Standortdaten von Mobilgeräten auf der ganzen Welt sammelt. Betroffen sind Hunderte Millionen Geräte und entgehen kann man dem fast nicht.

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Immer unter Beobachtung

(Bild: dpa/NSA/heise online)

Die NSA hat bereits Mitte 2012 täglich knapp 5 Milliarden Standortdaten von Mobiltelefonen auf der ganzen Welt gesammelt. Das gehe aus neuen Dokumenten des Informanten Edward Snowden hervor, berichtet die Washington Post. Demnach fließen die Aufzeichnungen in eine gigantische Datenbank, in der Informationen über mindestens Hunderte Millionen Geräte gesammelt werden. Dabei gehe der Geheimdienst gar nicht davon aus, dass die Standortdaten selbst eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit seien. Stattdessen arbeite Co-Traveler – ihr "mächtigstes Werkzeug" – daran, unbekannte Kontakte anhand sich überschneidender Bewegungen etwa mit Zielpersonen zu erkennen, so die Zeitung.

Programme wie Co-Traveler funktionieren nur, wenn Standortdaten auf der ganzen Welt und methodisch gesammelt werden. Hochentwickelte Analysemethoden erlaubten es der NSA, die Beziehungen von Handynutzern anhand übereinstimmender Bewegungen zu erkennen. Da Handys und Smartphones kontinuierlich ihren Standort verraten, lassen sich umfangreiche Profile erstellen. Wie viel das über die Menschen verraten kann, hatten die Zeit und Opendatacity bereits Anfang 2011 anhand der Bewegungsdaten des Grünen-Politikers Malte Spitz visualisiert. Deutlich wird einmal mehr, dass die NSA so natürlich auch Menschen trackt, die sich vertraulich treffen, Ärzte besuchen oder sich in Hotels beziehungsweise ihrer Wohnung aufhalten, also eigentlich geschützten Teilen der Privatsphäre.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Wie bereits bei vergangenen Enthüllungen, verteidigt sich der Geheimdienst damit, dass diese Totalüberwachung legal sei, solange sie nicht absichtlich US-Bürger betrifft. Nicht-Amerikaner sind vor dieser Ausspähung ihrer Privatsphäre nicht geschützt und die NSA versucht sich vor diesen offenbar wieder einmal gar nicht erst zu verteidigen. Auch die Washington Post weist nur darauf hin, dass es unmöglich abzuschätzen sei, wie viele US-Amerikaner in der Datenbank landen, etwa weil sie sich im Ausland aufhalten. Aber selbst wenn das geschehe, seien sie zumindest nicht durch die US-Verfassung geschützt, da deren Zusicherung von Privatsphäre solche Verbindungsdaten nicht umfasse.

An die Daten gelangt die NSA der Zeitung zufolge über 10 große Quellen von Geheimdienstinformationen ("Signals intelligence activity designators"). Eine – STORMBREW – beruhe etwa auf der Kooperation zweier ungenannter Konzerne, die Abhörtechnik zur Verfügung stellen, um Daten an 27 Telefonverbindungsstellen abzugreifen. An diesen Stellen werden demnach Daten wie etwa der Standort der Mobilgeräte zwischen Providern ausgetauscht. Die NSA habe umfangreichen Zugriff und durch die Auswertung helfe es nicht einmal, wenn etwa Dissidenten, Journalisten aber eben auch Terroristen, oft das Handy wechseln. Co-Traveler registriere, wenn ein neues Telefon sich mit einem Funkmast verbindet, kurz nachdem in der Nähe eins aus den Aufzeichnungen verschwunden ist.

Ein Mitarbeiter der Bürgerrechtsorganisation ACLU (American Civil Liberties Union) weist dann auch gegenüber der Zeitung darauf hin, dass es einer der wichtigsten Aspekte der Standortdaten sei, dass sie sich nicht verheimlichen lassen. Menschen, die Wert auf Privatsphäre legen, könnten zwar ihre E-Mails verschlüsseln und ihre Online-Identität verschleiern. Aber um den eigenen Standort nicht zu verraten, müsste man "alle modernen Kommunikationsgeräte ausschalten und in einer Höhle leben". (mho)