Mobilfunk-Branche entdeckt blinde Menschen als Kunden

Verizon Wireless bietet in den USA ein Vertragspaket für blinde und sehbehinderte Kunden an, Vodafone entdeckt die Zielgruppe in Spanien, Nokia will Hardware liefern - in Deutschland gibt es dagegen kaum Angebote.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Per Busch
  • Dr. Jürgen Rink

Verizon Wireless, ein Joint-Venture des US-amerikanischen Telekommunikationsriesen Verizon mit dem global agierenden Mobilfunkanbieter Vodafone, bietet in den USA ein Vertragspaket für blinde und sehbehinderte Kunden an, das ein Motorola Moto Q9C Smart Phone und den kürzlich von Symbian nach Windows Mobile portierten Talks Screenreader von Nuance enthält. Vergleichbare Angebote gibt es in Deutschland bislang nicht.

Nuance bedrängt mit dieser Offensive nun die spanische Firma Code Factory, die bislang den einzigen Screenreader für Windows Mobile vertrieben hatte. Beide Unternehmen offerieren bereits seit längerem Lösungen für Symbian-Geräte von Nokia, die bei blinden Menschen weltweit deshalb weit verbreitet sind. Nuance soll auch an einer entsprechenden Lösung für einige Touchscreen-Geräte aus der Treo-Serie von Palm arbeiten.

Screenreader-Software ermöglicht die Nutzung von Computern und Mobiltelefonen für Menschen, die Bildschirminhalte nicht sehen können. Nachdem es für Windows und Linux bereits seit langem entsprechende Lösungen verschiedenster Anbieter gibt und Apple VoiceOver als kostenlosen Screenreader in sein Desktop-OS integriert hat, entwickelt Google seit kurzem jetzt auch einen freien Screenreader für Android. Auch die Blackberrys von RIM sollen künftig mit dem Programm Orator blind bedienbar werden.

Für blinde Menschen stellen bedienbare Mobilgeräte eine Möglichkeit dar, barrierefreie Navigationslösungen wie den Wayfinder Access (Symbian) und dem mit dem SDK des Marktführers Sendero von Code Factory entwickelten Mobile Geo (Windows Mobile) zu nutzen. Beide Lösungen sind allerdings ziemlich teuer. So kostet der Wayfinder Access in Deuschland ca. 400 Euro, während in den USA nur die Hälfte dieser Summe verlangt wird. Vielleicht ändert sich dies aber nach der Übernahme der schwedischen Firma Wayfinder durch die Vodafone-Gruppe.

So hat Vodafone in Spanien beispielsweise blinde und sehbehinderte Menschen schon als Zielgruppe entdeckt und bietet diesen in Zusammenarbeit mit Nokia, Code Factory und anderen Partnern die kostengünstige Screenreader-Lösung Vodafone Speak an. Ausserdem beteiligt sich Vodafone Spanien zusammen mit Sun Microsystems, RIM und vielen weiteren Partnern an AEGIS, einem mit 12,6 Millionen Euro ausgestatteten Forschungs- und Entwicklungsprojekt, in dem einer der Schwerpunkte auf API-basierter Open-Source-Accessibility für mobile Betriebssysteme liegt.

Nokia hat außerdem angekündigt, sich in den nächsten Jahren mit der Entwicklung spezieller Mobiltelefone für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zu beschäftigen, wobei man sich aber erst einmal auf den indischen und chinesischen Markt konzentrieren will. Durch seine Tochterfirma Navteq ist Nokia auch am europäischen Forschungsprojekt Haptimap beteiligt, in dem standortbezogene Dienste für behinderte und ältere Menschen und spezielle Schnittstellen für die Zugänglichmachung von Geodaten entwickelt werden sollen. (Per Busch) / (jr)