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CPUs ohne "Konfliktmineralien": Intels Produktion soll keine Bürgerkriegs-Milizen finanzieren

Der Prozessor-Marktführer überrascht auf der CES mit der Ankündigung, alle seine Prozessoren seien konfliktfrei. Das soll bewaffneten Milizen im Kongo den Geldhahn zudrehen. Aber Intel ist nur eines von vielen Unternehmen, die das versuchen.

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Die Elektronikindustrie schwärmt gerne davon, wie sie das Leben der Menschen besser macht. Gemeint sind dabei in der Regel aber nur die Kunden. Intel wirbt nun damit, auch etwas für die Menschen in der Krisenregion im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu tun: Ab sofort seien alle Intel-Prozessoren frei von Konfliktmetallen. Vor einem Jahr hatte Intel diesen Schritt erstmals in Aussicht gestellt.

Das Versprechen klingt simpel: Keine Konfliktmetalle, also kein Geld für Milizen, die davon Waffen kaufen und die Bevölkerung terrorisieren. Man muss aber einige Hintergründe kennen, um es einordnen zu können.

Screenshot aus Intels Werbevideo zur Konfliktfreiheit seiner Prozessoren.

(Bild: Intel)

Nicht nur Intel setzt auf Konfliktfreiheit

Im Kongo tobt seit Jahrzehnten ein erbitterter Kampf, in dem es um ethnische Konflikte, aber auch um Rohstoffe geht. NGOs wie Enough Project weisen darauf hin, dass einige Milizen sich unter anderem durch Tantal-, Gold-, Zinn- und Wolfram-Minen finanzieren. Deshalb heißen diese vier Metalle Konfliktmetalle, falls sie aus dem Kongo oder seinen Nachbarländern stammen.

Unternehmen, die an US-Börsen notiert sind, müssen laut Dodd-Frank-Act offenlegen, ob sie derart definierte Konfliktmetalle verwenden. Elektronikhersteller versuchen deshalb seit Jahren, diese aus ihrer Lieferkette zu verbannen. Ergebnis ist das Conflict Free Smelter Program, an dem fast die gesamte Industrie mitarbeitet – nicht nur Intel.

Das Programm ermöglicht den Herstellern zurzeit, mit Zertifikaten zu belegen, dass ihre Lieferanten keinerlei Erze aus dem Kongo und seinen Nachbarstaaten beziehen. Vermutlich haben bald außer Intel auch weitere Hersteller alle Zertifikate zusammen, um mit Konfliktfreiheit werben zu können. Natürlich ist damit immer nur die Definition des Dodd-Frank-Act gemeint.

Damit wollen sie ein öffentliches Eingeständnis vermeiden, dass ein Smartphone oder Tablet eventuell einen Bürgerkrieg mitfinanziert. Eine solche Nachricht würde schließlich einen Aufschrei provozieren.

Unbeabsichtigte Nebenwirkungen

Doch der gutgemeinte Ansatz hat unbeabsichtigte Nebenwirkungen: Er wirkt bislang wie ein Kongo-Boykott und hat tausenden Minenarbeitern die Existenzgrundlage entzogen – auch Arbeitern, die gar nicht im Bürgerkriegsgebiet schürfen und nicht von Milizen ausgenommen werden. Konfliktfrei heißt bislang meist einfach Kongo-frei.

"Die Auflagen haben eine stark abschreckende Wirkung für alle, die Erze aus dem Kongo beziehen wollen – selbst wenn die Förderung unter verantwortungsvollen Rahmenbedingungen geschieht", erklärt Andreas Manhart, Rohstoffexperte des Öko-Institutes im Interview mit dem Blog Faire Computer. Hauptprofiteure seien derzeit Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die "sehr viel Geld" mit der Nachweisführung verdienten, dass die Schmelzen keine Erze aus dem Kongo beziehen.

Intel versucht nun, die unerwünschten Nebenwirkungen der Konfliktfreiheit abzumildern. "Eine Lösung wäre, keine Rohstoffe aus der Region mehr zu beziehen. Doch wir haben uns gefragt: Können wir mehr tun?", sagte Intel-CEO Krzanich auf der CES. Deshalb "unterstützt" Intel Solutions for Hope und CFTI – zwei Projekte der Metallindustrie, die Tantal und Zinn aus ausgewählten Minen im Kongo beziehen, die nicht von Milizien kontrolliert werden und deshalb ebenfalls als konfliktfrei gelten dürfen.

Auch hier ist Intel nur einer von vielen aktiven Herstellern. Laut Solutions for Hope stecken Kondensatoren aus der ersten Lieferung von konfliktfreiem Kongo-Tantal in Produkten von HP, Intel, Nokia, Foxconn und anderen. Bislang warb aber nur Fairphone offensiv damit (im Fairphone steckt obendrein CFTI-Zinn).

Ob und in welchem Umfang Intel das konfliktfrei im Kongo geförderte Tantal und Zinn in Zukunft in seinen Prozessoren nutzen will, geht aus Intels Materialien leider nicht hervor.

Es gibt noch viel zu tun

Zusammenfassend muss man also sagen: Zertifizierte Konfliktfreiheit allein hilft den Menschen im Kongo bislang wenig oder schadet zum Teil sogar. Intel und viele andere Hersteller bewegen sich aber nun wieder in die richtige Richtung und sollten ihr Engagement für konfliktfreie Rohstoffe aus dem Kongo ausbauen.

Die nächsten Schritte liegen auf der Hand: Zinn, Tantal, Wolfram und Gold sind nur 4 von rund 30 Metallen, die in jedem Smartphone stecken. Auch in anderen Gegenden als dem Kongo gibt es Konflikte um Rohstoffe. Und von Fairtrade-Standards ist der Abbau vieler High-Tech-Rohstoffe in den meisten Ländern weit entfernt. (cwo)