US-Industrielobby gegen "Netzverschmutzung" und Piraterie

Größen aus der Computer-, Telekommunikations- und Unterhaltungsindustrie haben sich zu der Vereinigung "Arts+Labs" zusammengeschlossen, um das Internet von illegalen Filesharing-Aktivitäten, Viren, Spam und Hackerattacken zu säubern.

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US-Größen aus der Computer-, Telekommunikations- und Unterhaltungsindustrie haben sich zu der Vereinigung Arts+Labs zusammengeschlossen, um gegen das ihrer Ansicht nach wachsende Problem der "Netzverschmutzung" mobil zu machen. Darunter versteht die Lobbygruppe ein buntes Konglomerat an ausgemachten Bedrohungen wie illegale Filesharing-Aktivitäten, Viren, Spam und Hackerattacken. Diese würden das "Internet-Erleben" von Verbrauchern gefährden, heißt es in dem Säuberungsaufruf der Interessensvertretung. Die ihr angehörenden Konzerne AT&T, Viacom, NBC Universal, Cisco Systems und Microsoft wollen gemeinsam mit dem Komponistenverband, der Songwriters Guild of America, die Nutzer zugleich auf die Verfügbarkeit einer breiten Anzahl "legaler, sicherer, erschwinglicher und innovativer Unterhaltungsinhalte" im Netz aufmerksam machen.

Wie genau die Datenautobahn von den unerwünschten Trittbrettfahrern gereinigt werden soll, verrät die Lobby in ihrer Gründungsmeldung indes nicht. AT&T hat aber bereits vor über einem Jahr angekündigt, als erster großer Zugangsanbieter mit der Musik- und Filmindustrie zusammenzuarbeiten. Dabei soll es trotz zahlreicher offener technischer und rechtlicher Fragen auch darum gehen, mit netzbasierten Filtern die widerrechtliche Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte über die eigenen Datenleitungen zu verhindern. Um sich in Washington Gehör zu verschaffen, hat die neue Initiative nun alte Hasen im Politikbetrieb angeheuert, etwa Mike McCurry, den früheren Sprecher von Bill Clinton und Vorsitzenden der gegen eine gesetzliche Verpflichtung zur Netzneutralität agierenden Lobbyvereinigung "Hands off the Internet", sowie Mark McKinnon, der den US-Präsidenten George W. Bush und den republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain berät.

Diverse Internetprovider haben in jüngster Zeit Projekte gestartet, um Peer-to-Peer-Protokolle auszubremsen und Urheberrechtsverletzungen entgegenzutreten. Mit einer Rüge wegen eines Verstoßes gegen das Prinzip zur Einhaltung der Netzneutralität an den Kabelnetzbetreiber Comcast hat die US-Regulierungsbehörde für den Telekommunikationssektor derlei Bestrebungen zunächst einen Riegel vorgeschoben. In ihrer Entscheidung stemmt sich die Federal Communications Commission (FCC) aber nicht grundsätzlich gegen Filteransätze. Sie weist vielmehr darauf hin, dass Provider im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben Übertragungen illegaler Inhalte wie Kinderpornographie oder Dateien, die das Urheberrecht verletzen, blockieren dürfen. Die Gefahr bei solchen Unternehmungen, gegen die offene Natur des Internet und Wettbewerbsregeln zu verstoßen, sei aber groß.

Skeptisch beäugt die US-Bürgerrechtsorganisation Public Knowledge den Start von Arts+Labs. Sie fürchtet, dass der Zusammenschluss von Macht und Einfluss nichts anderes bedeuten könne, als dass ein "totaler Krieg für das Recht zum Filtern jedes Datenbits, das übers Internet gesendet wird", geführt werden solle. Ziel der Gruppe mit den tiefen Taschen sei es, den gesamten privaten Netzverkehr zu überwachen. Zugangsbieter würden zu Hilfssheriffs degradiert, die im Auftrag Hollywoods ihre Kunden beschnüffeln sollen. (Stefan Krempl) / (uma)