Wichtiger genetischer Auslöser für Entwicklungsstörungen nachgewiesen

Forscher an der University of Washington haben eine zentrale Deletion im Erbgut ermittelt, die eine große Anzahl unterschiedlicher kognitiver Erkrankungen hervorrufen soll.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 133 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Eine kleine Deletion, also der Wegfall bestimmter Gensequenzen, kann in einigen DNA-Abschnitten des Menschen eine große Anzahl unterschiedlicher kognitiver Erkrankungen auslösen – darunter auch Autismus und andere Entwicklungsstörungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der University of Washington im US-amerikanischen Seattle. Möglich waren die neuen Erkenntnisse, weil Forscher zunehmend auch sehr kleine Veränderungen in der Architektur des Erbguts feststellen können, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe.

Aus der Studie könnten in Zukunft neue Diagnosemethoden hervorgehen, mit denen sich im Klinikalltag bislang ungeklärte Krankheitsbilder überprüfen lassen, beispielsweise bei Neugeborenen. "In der medizinischen Genetik wäre das ein echter Paradigmenwechsel. Die Untersuchung des Genoms wird damit diagnostisch informativer als die Symptome eines Patienten", meint Jonathan Sebat, Genetiker am Cold Spring Harbor Laboratory, der an der Untersuchung mitarbeitete.

Fortschritte in der so genannten Microarray-Technik ermöglichen es Forschern, das Genom wesentlich tiefgehender zu untersuchen als zuvor. Daraus ergibt sich eine Flut neuer Daten, über die Gene mit Krankheiten in Verbindung gebracht werden können. Viele der Microarray-Studien konzentrierten sich bislang auf einzelne Buchstabenveränderungen im DNA-Code. Inzwischen ist allerdings auch bekannt, dass die Umgestaltung größerer Genombereiche erstaunlich häufig vorkommt – ganze "Wörter", "Sätze" oder "Seiten" im genetischen Code geraten dabei durcheinander.

Weil diese strukturellen Veränderungen nicht selten sind (praktisch bei jedem Menschen kommen sie vor, allerdings häufig ohne Auswirkungen), ist es schwierig, zwischen Mutationen zu unterscheiden, die die Gesundheit gefährden, und solchen, die harmlos sind. In der neuen Studie trug Heather Mefford, pädiatrischen Genetikern an der University of Washington, in Zusammenarbeit mit dem Genetiker Evan Eichler Daten aus klinischen Genlaboren auf der ganzen Welt zusammen, die sich mit Variationen in einer bestimmten Chromosomregion beschäftigten. Sie fanden heraus, dass 25 Patienten in einer Untersuchung von mehr als 5000 Menschen mit verschiedenen Formen kognitiver Störungen wie Autismus und anderen Entwicklungsproblemen ein ähnlicher DNA-Bereich fehlte. Keine Person in einer ähnlich großen Kontrollgruppe gesunder Menschen besaß dagegen eine Variation in dieser Region, was die Deletion zu einem der wahrscheinlichen Auslöser für die Probleme der Patienten macht.

Mehr zum Thema in Technology Review online:

(bsc)