Earth Hour: Die Erde wird abgedimmt

Am Samstag werden voraussichtlich eine Milliarde Menschen weltweit zeitgleich für eine Stunde unnötige Beleuchtungen ausschalten. Die von der UN und dem WWF organisierte Aktion soll eine "Stimme für die Zukunft des Planeten Erde" sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 533 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Rund 542 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom wurden nach Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im vergangenen Jahr in Deutschland netto verbraucht. Das deutsche Stromnetz verteilte also eine durchschnittliche kontinuierliche Leistung von 61,9 Millionen Kilowatt. Auch wenn der Anteil der Beleuchtung am gesamten Stromverbrauch nur rund 10 Prozent beträgt, hätte man damit dauerhaft rund 1 Milliarde 60-Watt-Glühlampen betreiben können. Im Rahmen der sogenannten "Earth Hour", die von der UN und der Umweltschutzorganisation WWF ausgerufen wurde, sollen am morgigen Samstag (28. März) zwischen 20:30 und 21:30 Uhr (MEZ) nun alle nicht benötigten Lampen ausgeschaltet werden – und das nicht nur in Deutschland, sondern überall auf dem Globus.

"Erfunden" wurde die "Earth Hour" im Jahr 2007 vom australischen Ableger des World Wide Fund For Nature (WWF) mit dem Ziel, die CO2-Emissionen in der Millionenstadt Sydney innerhalb eines Jahres um 5 Prozent zu reduzieren. Gestartet wurde die Aktion am Abend des 31. März 2007 mit einer symbolischen "Erdstunde", an der sich den Angaben zufolge über zwei Millionen Menschen, zahlreiche Geschäfte und auch Sydneys Stadtverwaltung beteiligten: Für 60 Minuten wurde die Beleuchtung der meisten öffentlichen Gebäude abgeschaltet, Restaurants servierten Essen bei Kerzenschein, viele Geschäfte und Firmen verzichteten auf Nachtreklame, und auch die Bevölkerung schränkte die Beleuchtung ihrer Wohnungen und Häuser ein. Die Treibhausgasemissionen der Stadt seien in dem Zeitraum um über zehn Prozent gesenkt worden, hieß es damals.

Die Aktion rief ein großes Medienecho hervor, was dazu führte, dass Großbritannien im Juni des gleichen Jahres unter dem Motto "Lights Out London" ebenfalls eine "Earth Hour" veranstaltete. Es folgten Aktionen in San Francisco (Oktober) und im deutschsprachigen Raum (Dezember). Hierzulande wollte man sich im Rahmen von "Licht aus! Für unser Klima" aber nur 5 Minuten lang ohne unnötige elektrische Beleuchtung begnügen. Forschung und Wirtschaft hatten zuvor Bedenken geäußert, eine zu große Beteiligung an der Aktion könnte zu Abschaltungen im Stromnetz und damit zu einem großflächigen Stromausfall führen. Ein plötzlicher starker Lastabfall und das anschließende Wiedereinschalten ließe sich möglicherweise nicht durch Pumpspeicherkraftwerke und andere Spitzenlastkraftwerke abfangen, die anders als Kohle- oder Atomkraftwerke kurzzeitig ihre Leistung ändern können, führten Experten damals aus. Dann würden Netzabschaltungen drohen.

Zum gefürchteten Blackout kam es letztlich nicht – und im vergangenen Jahr beteiligten sich dann weltweit bereits hunderte Städte an der "Earth Hour". Morgen sollen nach Angaben der Organisatoren eine Milliarde Menschen in tausenden Städten dem neuen Slogan "Vote Earth – Your Light Switch is Your Vote" folgen und zeitgleich für eine Stunde alle nicht benötigten Lampen ausschalten. Mit der Aktion hätten Bürger die Möglichkeit, eine Botschaft zu senden, dass sie Maßnahmen gegen den Klimawandel wollen, erklärt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Es sei die "Stimme für die Zukunft des Planeten Erde" und werde zugleich die bislang "größte Demonstration der öffentlichen Sorge um den Klimawandel" sein. Einen Tag später beginnt in Bonn eine Vorbereitungsrunde für die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen, bei der sich im Dezember Vertreter aus 190 Ländern treffen, um das Nachfolgeprotokoll von Kyoto auszuhandeln.

In Deutschland beteiligen sich laut WWF unter anderem Hamburg, Berlin und Bonn an der "Earth Hour". In Hamburg wird die Beleuchtung rund um die Binnenalster weitgehend ausgeschaltet, das Rathaus wird ebenfalls im Dunkeln liegen. Auch an zahlreichen Touristenstätten weltweit werden die Lichter am Samstag ausgehen, darunter der Pariser Eiffelturm, die Christusstatue von Rio de Janeiro, die Pyramiden und die Sphinx von Gizeh, das Empire State Building in New York oder auch die Petronas Towers in Kuala Lumpur. Kritik an der Aktion gibt es diesmal kaum, nachdem im Jahr 2007 noch zur Gegenaktion "Licht an! Aber richtig" aufgerufen worden war, deren Organisatoren statt Symbolik nachhaltigere Maßnahmen wie den Umstieg auf Energiesparlampen oder den Wechsel auf Ökostrom verwirklicht sehen wollten. Einen bereits sichtbaren Einfluss übt im Übrigen schon die Wirtschaftskrise auf den Energieverbrauch aus: Laut BDEW ist der Brutto-Stromverbrauch im Jahr 2008 wegen des Konjunkturrückgangs um 0,3 Prozent geschrumpft. (pmz)