Amnesty fordert von China Einhaltung der Menschenrechtszusagen

Rund zwei Monate vor Beginn der Olympischen Sommerspiele hat die Menschenrechtsorganisation ihren Jahresbericht für 2007 vorgelegt.

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  • dpa

Amnesty International (AI) hat China rund zwei Monate vor Beginn der Olympischen Spiele eindringlich aufgefordert, seine Versprechen zur Verbesserung der Menschenrechte einzuhalten. "Viel Zeit bleibt nicht mehr", sagte die Generalsekretärin von AI Deutschland, Barbara Lochbihler, heute in Berlin bei der Vorlage des Jahresberichtes 2008. Sie forderte Peking auf, politische Gefangene freizulassen, Menschen nicht per Verwaltungshaft monate- oder jahrelang ohne Prozess ins Gefängnis zu stecken und die Zensur der Medien aufzuheben. Sie wandte sich erneut gegen einen Boykott. Die Strategie sei vielmehr, durch Öffentlichkeit Druck zu erzeugen.

Lochbihler kritisierte weiter die fortdauernde Anwendung der Todesstrafe in China. Nach AI-Schätzungen wurden im Berichtszeitraum 2007 in China 1860 Todesurteile verhängt und mindestens 470 vollstreckt. "Die tatsächlichen Zahlen dürften aber viel höher liegen", heißt es in dem Bericht. China habe zudem eines der umfassendsten Systeme zur Internetüberwachung. Tausende Internet- Seiten seien nicht zugänglich. Lochbihler zeigte sich bestürzt über das Erdbeben und das dadurch ausgelöste Leid. Der offene Umgang Chinas mit den Medien habe der Führung in Peking auch viel Lob gebracht. Sie hoffe, dass die Führung sehe, dass freie Berichterstattung hilfreich sein könne.

Der rund 500 Seiten starke Bericht beleuchtet die Lage der Menschenrechte in 150 Ländern, darunter auch in Deutschland. Den deutschen Behörden wirft AI vor, sie seien 2007 nicht in ausreichendem Maße gegen Menschenrechtsverletzungen vorgegangen, die im Rahmen des von den USA angeführten nunmehr sechs Jahre dauernden "Krieges gegen den Terror" begangen worden seien. Ausdrücklich forderte Lochbihler von der Bundesregierung, keine Abschiebungen in Länder vorzunehmen, in denen den Betroffenen Folter oder unfaire Gerichtsprozesse drohten, selbst wenn diese Länder das Gegenteil zusicherten. "Diese diplomatischen Zusicherungen sind nicht das Papier wert, auf dem sie stehen."

Der Bericht 2008 erinnert auch an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen vor 60 Jahren. Der Geburtstag stehe für eine beachtliche Erfolgsgeschichte der Staatengemeinschaft, sagte Lochbihler. Menschenrechte seien keine westlichen Grundsätze, sondern universelle Prinzipien. Allerdings sei das, was proklamiert wurde, noch lange nicht verwirklicht. Zwischen den Versprechen und der Einlösung dieser Zusagen gebe es noch eine große Lücke.

So habe Amnesty 2007 in 81 Staaten Fälle von Folter oder entwürdigender und unmenschlicher Behandlung dokumentiert. In 45 Ländern säßen Menschen allein aus politischen Gründen in Haft. In 24 Staaten seien mindestens 1252 Menschen hingerichtet worden; die Presse- und Meinungsfreiheit werde in mindestens 77 Staaten verletzt. Lochbihler kritisierte, nicht zuletzt die Haltung einiger westlicher Regierungen im "Krieg gegen den Terror" habe zu Rückschritten bei den Menschenrechten geführt. So säßen im US-Lager Guantánamo und anderen geheimen Gefängnissen noch immer weltweit hunderte Menschen ohne Anklage und Gerichtsverfahren in Haft. (dpa) / (anw)