BGH begründet Rechtmäßigkeit des Gebrauchtsoftware-Handels

Der Bundesgerichtshof hat im Juli 2013 die Rechtmäßigkeit des Gebrauchtsoftware-Handels bestätigt. Nun wurde auch die langerwartete Urteils-Begründung veröffentlicht.

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Von
  • Marzena Sicking
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Es ist ein Kampf wie David gegen Goliath: Seit Jahren versuchen Software-Riesen wie Oracle und Microsoft den Wiederverkauf ihrer Lizenzen zu unterbinden oder zumindest nur nach eigenen Regeln zuzulassen. Besonderer Dorn im Auge ist ihnen dabei der Gebrauchtsoftware-Händler UsedSoft. Denn UsedSoft will sich nicht an die Vorgaben der Hersteller halten.

UsedSoft kauft nicht mehr benötigte Lizenzen, beispielsweise aus Insolvenzverfahren, auf und bietet sie entsprechend günstig zum Weiterverkauf an. Die dazugehörige Software laden sich die Kunden dann von der Seite des Herstellers herunter und profitieren auch von kostenlosen Updates. Volumenlizenzen wurden aufgespalten und als Einzellizenzen verkauft. Für die Hersteller bedeutet das natürlich Umsatzeinbußen, deshalb wird die Second-Hand-Variante mit Kampagnen und juristischen Mitteln bekämpft, bislang allerdings nur mit mäßigem Erfolg.

So nahm sich auf Anfrage des Bundesgerichtshofs 2012 der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Frage nach der Zulässigkeit an und stellte fest, dass der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen unter bestimmten Umständen durchaus zulässig sein kann. Dem folgte im Juli 2013 der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung zum sogenannten "Oracle-Verfahren". Das Gericht stellte fest, dass der Handel mit Gebraucht-Software rechtmäßig ist und anders lautende Lizenzvereinbarungen ungültig sind (Urteil vom 17.Juli 2013, Az.: I ZR 129/08). Nun, ein halbes Jahr später, wurde auch die langerwartete Urteils-Begründung veröffentlicht.

Die von den Herstellern wohl noch erhofften Überraschungen oder Fallstricke, die man gegen den Gebrauchtsoftware-Handel hätte nutzen können, sind ausgeblieben. Allerdings hat das Gericht auch sehr deutlich gemacht, unter welchen Voraussetzungen der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen tatsächlich erlaubt ist.

Wie die Richter in Anlehnung an das EuGH-Urteil erklären, ist der Erschöpfungsgrundsatz schon bei dem erstmaligen Verkauf einer Software erfüllt. Das bedeutet, dass der Urheber bzw. Hersteller der Software sein dazugehöriges Verbreitungsrecht mit dem ersten Verkauf der Lizenz verwirkt und im Grunde keinen Einfluss mehr darauf hat, was anschließend mit seinem Produkt passiert. Der Käufer darf es jederzeit weiterverkaufen und auch die künftigen Erwerber können die Softwarelizenzen erneut weitergeben.

Laut Urteil hat der jeweils folgende Erwerber selbst bei nur online übertragbaren Software-Lizenzen das Recht, sich die Software sowie dazugehörige Updates auf der Seite des Herstellers herunterzuladen. Analog zum EuGH-Urteil wurde erklärt, dass anders lautende Klauseln in Lizenzverträgen unwirksam sind. Das einmal eingeräumte Recht zur “bestimmungsgemäßen Benutzung” dürfe nicht durch solche vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen werden, betonten die Richter.

Klarheit herrscht nun auch in Bezug auf das sogenannte "Aufspaltungsverbot", auf das sich die Hersteller bislang gerne beriefen: Verboten ist demnach nur die Aufspaltung einzelner Lizenzen, nicht aber die von Lizenzpaketen, wie beispielsweise Volumenlizenzen. Die hier enthaltenen Einzellizenzen dürfen auch als solche weiterverkauft werden, auch wenn es dem Hersteller nicht gefällt. Nur dürfen am Ende nicht mehr Lizenzen entstehen, als ursprünglich im Paket vorhanden waren.

Voraussetzung dafür, dass der Erschöpfungsgrundsatz erfüllt wird, ist eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie entsprechende Vergütung an den Hersteller durch den Erstkäufer. Außerdem muss der Käufer ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht erworben haben. Hier könnten die Hersteller also künftig versuchen, den Gebrauchtsoftware-Handel mit zeitlich beschränkten Lizenzen zu torpedieren.

Vorausgesetzt wird außerdem, dass die nach dem Kauf zur Verfügung gestellten Updates von einem Wartungsvertrag abgedeckt sind. Wer seine Software-Lizenz weiterverkaufen will, ist außerdem verpflichtet, seine Kopie unbrauchbar zu machen. Der Käufer muss nachweisen, dass dies tatsächlich geschehen ist - in welcher Form, ließ das Gericht offen. Das Notar-Testat, dass Usedsoft bislang nutzte und in dem der Erstkäufer erklärte, die Software nicht mehr zu nutzen, reicht dafür jedenfalls nicht aus.

Komplett geschlossen ist das Kapitel aber noch nicht: Das Oracle-Verfahren wurde zur erneuten Verhandlung an die Vorinstanz, das OLG München, zurückverwiesen. Es darf allerdings davon ausgegangen werden, dass auch die Münchner Richter den bereits in der mündlichen Verhandlung angekündigten "Segelanweisungen" des BGH folgen werden. ()