Digitalisierung: Wachstumstreiber statt Jobkiller

Laut einer Studie des Bitkom hat sich die Bedeutung der zunehmenden Digitalisierung in den vergangenen Jahren stark gewandelt. War sie einmal als "Jobkiller" verschrien, so würde sie heute dank moderner Technologien für zusätzliche Jobs sorgen.

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Von
  • Robert Höwelkröger

Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien haben sich laut einer aktuellen Studie des Bitkom zu wichtigen Wachstumstreibern entwickelt. Neben zusätzlichem Wirtschaftswachstum tragen sie auch zu steigenden Exporten und mehr Beschäftigung bei. Die Digitalisierung habe 2012 an der Wertschöpfung in Deutschland einen Anteil von 144,9 Milliarden Euro beigetragen, teilte der Branchenverband mit. Die Exporte legten entsprechend um 49 Milliarden Euro zu. "Das sind fast sechs Prozent der gesamten bundesdeutschen Wertschöpfung in diesem Jahr", sagte Dieter Kempf, Präsident des Bitkom. Besagte Studie wurde im Auftrag des Bitkom und mit Unterstützung von der Deutschen Telekom, IBM und Huawei vom Forschungsinstitut Prognos erstellt. Sie analysierte die Nutzung digitaler Technologien und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen sowie die Veränderungen der Arbeitswelt im Zeitraum zwischen 1998 und 2012.

Dieter Kempf, Präsident des Branchenverbands Bitkom.

(Bild: dpa, Daniel Karmann)

Pro Jahr liegt der Wachstumsbeitrag durch die Digitalisierung für die bundesdeutsche Wertschöpfung bei rund 0,5 Prozentpunkten. "Der Wachstumsimpuls von 145 Milliarden Euro entspricht etwa der gesamten Bruttowertschöpfung einer Nation wie Finnland", erklärt Kempf. Von der Digitalisierung profitieren dabei alle Branchen. Den größten Anteil haben Dienstleistungen mit einer zusätzlichen Wertschöpfung von rund 95 Milliarden Euro gefolgt von der Industrie mit 38 Milliarden Euro. Hier erreicht allein der Maschinenbau ein Plus von fast 4 Milliarden Euro, die Automobilindustrie kommt auf 3,5 Milliarden Euro und die chemische Industrie auf 3,4 Milliarden Euro.

Vielleicht sei die Digitalisierung zu beginn der PC-Ära einmal ein Jobkiller gewesen, heute schaffe sie Arbeitsplätze, ergänzte Kempf. Demnach sind 2012 1,46 Millionen Menschen zusätzlich beschäftigt gewesen. Das seien 4 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland, so Kempf weiter. Wieviele Arbeitsplätze durch Rationalisierung parallel entfallen sind, habe die Studie nicht erfasst, betont der Bitkom allerdings. Die Ergebnisse zeigten aber, dass die positiven Effekte überwogen.
Vor allem das personalintensive Dienstleistungsgewerbe hat laut den Ergebnissen der Studie überproportional von der Digitalisierung profitiert. Hier habe es 2012 insgesamt 976 000 mehr Arbeitsplätze gegeben. Aber auch in der Industrie habe sich die Digitalisierung zum Jobmotor entwickelt. "Am stärksten profitieren hier der Maschinenbau mit 28 000 und die Automobilindustrie mit 24 000 Arbeitsplätzen", sagte Kempf.

Die Digitalisierung habe die Arbeitswelt in vielen Bereichen vollständig verändert. Konferenzen könnten heute bequem aus dem Büro oder von zu Hause aus erledigt werden, so Kempf. "Wir arbeiten im Home Office, unsere Daten sind in der Cloud, die Arbeitswelt ist flexibler geworden und erlaubt mehr Rücksicht auf private Bedürfnisse wie Familie und Kinder." Es gebe aber auch das Bild von den digitalen Nomaden und Selbstausbeutern, die rund um die Uhr erreichbar seien.

"Arbeit und Freizeit zu trennen, ist zunehmend schwieriger geworden", sagte Kempf. "Dafür müssen wir heute neue Kulturtechniken ausbilden." Von der Politik fordert der Verband, zum Beispiel auf dezentrale Unternehmensstandorte in der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik Rücksicht zu nehmen. Auch das Arbeitsrecht müsse an virtuelle Organisationen angepasst werden. Besonders für Hochqualifizierte müssten Arbeitszeit- und Arbeitsschutzvorschriften flexibler werden. Schließlich sei auch die Kita, die eine Betreuung nur in Kernzeiten anbietet, zum Auslaufmodell geworden. (roh)