Tödliche US-Drohneneinsätze werfen Fragen auf

Eine US-Spezialeinheit hat einem Bericht zufolge "Find, Fix & Finish"-Missionen auf "Metadaten" gestützt und deshalb auch Unschuldige getötet. Da stellt sich nicht nur die Frage, ob auch deutsche Dienste solche "Metadaten" geliefert haben.

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Von
  • Detlef Borchers

Laut einem US-Medienbericht hat der US-Geheimdienst NSA Aufklärungstechnik in Drohnen dazu benutzt, mutmaßliche Terroristen anhand ihrer Mobiltelefone zu identifizieren und anschließend zu töten. Das berichtete das neue Online-Magazin The Intercept unter Berufung auf einen US-Drohnenpilot sowie Informationen des Whistleblowers Edward Snowden. Der linke Bundestagsabgeordnete Andre Hunko stellt nun die Frage, ob deutsche Dienste dabei möglicherweise assistiert haben. Auch ist noch nicht genau geklärt, welche Technik zum Einsatz kommt.

Das von Greenwald und Scahill präsentierte Material zu der Signalaufklärung der Drohnen ist nicht sehr aussagefähig, die Beschreibung der Möglichkeiten ist allgemein gehalten. Doch soll sich die drohnengestützte Signalaufklärung (SIGINT, Signal Intelligence) der NSA auf die Lokalisierung von Handys verlassen haben. Eine Spezialeinheit des Joint Special Operations Command (JSOC), die mutmaßliche Terroristen finden und ausschalten soll, hat laut Bericht gestützt nur auf "Metadaten" getötet, ohne dass zuvor ein einziges Gespräch abgehört wurde. Da SIM-Karten und Telefone getauscht werden können, seien auch Unschuldige unter den Opfern der Drohnenangriffe. Eine NSA-Sprecherin wollte den Bericht nicht kommentieren.

Einige Einzelheiten des Artikels werfen jedoch technische Fragen auf. Nach Angaben des von Greenwald und Scahill befragten JSOC-Spezialisten rüsten NSA, CIA und US-Armee ihre Drohnen und Flugzeuge mit virtuellen Mobilfunkbasisstationen aus: IMSI-Catcher, die sich als Mobilfunkantenne ausgeben, bei der sich die Telefone der Verdächtigen anmelden. Nach Angaben eines Mitarbeiters des deutschen Herstellers Rohde und Schwarz funktionieren diese Geräte bis zu einer Flughöhe von 3000 Metern bei einem Radius von 230 Kilometern zuverlässig.

Sollten höher fliegende Aufklärer im Spiel gewesen sein – The Intercept macht dazu keine Angaben – könnte dies darauf hindeuten, dass Thuraya-Satellitentelefone abgehört wurden. Die Technik für die fliegende Ortung solcher Telefone ist eine deutsche Entwicklung, die am Fraunhofer Institut FKIE erforscht wird. Bleibt die Frage, ob diese Technik bei den im Militärjargon "F3" ( Find, Fix & Finish) genannten Tötungsmissionen zum Einsatz kam.

Eine weitere Frage ist in diesem Zusammenhang, ob deutsche Dienste, wie bereits in einem Untersuchungsausschuss erörtert, Telefonnummern von Verdächtigen weitergaben. Diese Frage beschäftigt auch den Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko von der Linksfraktion. Er will wissen, ob der Verdacht ausgeräumt werden kann, dass deutsche Dienste Beihilfe zu extralegalen Tötungen geleistet haben. (vbr)