IPCom vs. Apple: Streit um technische Details im Patent-Prozess mit Milliarden-Forderung

Rund 1,6 Milliarden Euro fordert ein deutscher Patentverwerter von dem iPhone-Hersteller. Apple hat den Vorwurf der Patentverletzung am Dienstag zu Beginn des Verfahrens zurückgewiesen.

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  • dpa

Der Prozess um eine Milliardenforderung des deutschen Patentverwerters IPCom gegen den iPhone-Hersteller Apple hat am Dienstag vor dem Landgericht Mannheim begonnen. Der Vorsitzende Richter Holger Kircher teilte zum Auftakt mit, dass die Zivilkammer zunächst über eine mögliche Verletzung des Patents befinden werde. Erst danach könne gegebenenfalls auch die Höhe des Schadenersatzanspruchs zum Gegenstand der Verhandlung werden. In einem zweiten Verfahren von IPCom gegen Apple geht es um die Feststellung der Patentverletzung. Das Landgericht rief am Dienstag beide Verfahren zusammen auf.

Apple-Anwalt Frank-Erich Hufnagel warf dem Patentverwerter IPCom vor, die Forderung nach Schadensersatz von über 1,57 Milliarden Euro mit einem "Taschenspielertrick" durchsetzen zu wollen. Für das Unternehmen IPCom, das das strittige Patent zusammen mit hunderten anderen 2007 von Bosch erworben hat, sagte Rechtsanwalt Wolfgang Kellenter, Apple habe sich einer klaren Verletzung des Patents schuldig gemacht.

Der Vorsitzende Richter warf beiden Parteien vor, sie deuteten frühere Urteile und Beschlüsse zu dem umstrittenen Patent nach ihren jeweiligen Interessen: "Jeder interpretiert ein Stück hinzu oder weg." Dies sei sehr unbefriedigend. Anstatt auf rechtskräftige Entscheidungen in anderen dazu anhängigen Verfahren zu warten, sei er aber der Meinung: "Die Sache ist spruchreif, wir können zu einem Ergebnis kommen."

Skizze zu Mobilstationen und Proritätsklassen aus EP1841268

Bei dem Patent mit der Bosch-Bezeichnung #100A (EP1841268), geht es um eine technische Lösung im Mobilfunk, die unter anderem Rettungskräften oder der Polizei bei Netzüberlastung einen bevorzugten Netzzugang ermöglicht. Zu dem Patent gab es aber kürzlich ein Einspruchsverfahren: Das Europäische Patentamt (EPA) in München bestätigte im Januar die Gültigkeit des Patents und wies Einsprüche von Nokia, HTC, Vodafone, Ericsson und Apple ab

Bei dem dazu gefassten Beschluss, handele es sich nach den Worten von Richter Kircher allerdings "nicht um lediglich sprachliche und deklaratorische Erweiterungen, sondern um Klarstellungen mit einer inhaltlichen und substanziellen Einschränkung des Klagepatents". Er müsse daher der Klägerin "etwas Wasser in den Wein gießen", sagte der Richter. Beide traten dann in eine technisch detaillierte Diskussion über die Frage ein, ob das Patent für die Zugangssteuerung im Mobilfunknetz lediglich ein einziges Bit vorsehe oder ob der Datenumfang dafür unterschiedlich gestaltet werden könne.

Von Apple verlangt IPCom 1,57 Milliarden Euro Schadenersatz plus Zinsen. "Die Höhe der Forderung wurde von unseren Anwälten auf Basis der deutschen Rechtsprechung kalkuliert", erklärte ein Sprecher. "Hierbei wurden Umsatz, Gewinn und der Markenwert Apples berücksichtigt." Nähere Angaben zur Berechnung macht IPCom nicht.

Die Summe ist beispiellos in den jahrelangen Patentstreitereien in der Mobilfunk-Industrie. Den bisher höchsten Schadenersatz bekam Apple im kalifornischen Prozess gegen Samsung zugesprochen, nach einer Reduzierung sind es noch über 920 Millionen Dollar (rund 675 Millionen Euro). Das Verfahren geht aber noch durch die Instanzen. (lbe)