Three Strikes: Schläge ins Nichts

Eine französische Studie stellt die Wirksamkeit von Abschreckungsmodellen wie dem französischen Three-Strikes-Modell in Frage.

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Von
  • Stefan Mey

Erziehen und Strafen heißt die Devise: beim französischen Three-Strikes-Modell werden Filesharer zwei Mal verwarnt, bei dritten Mal können sie vom Internet ausgeschlossen werden. Eine Studie der Universitäten Caen und Rennes hinterfragt die Wirksamkeit solcher Stufen-Modelle, die auch in anderen Ländern als Mittel gegen den verbotenen Datentausch gilt. Zwar wirke die Androhung von Strafe durchaus als Abschreckung, räumen die Wissenschaftler ein. Das Problem ist aber, dass zwischen der Tat und der Bestrafung Zeit liegt. Den "Lohn", das heißt den getauschten Film, gibt es sofort. Die Strafe aber ist hypothetisch und tritt höchstens in der Zukunft ein.

Die Studie diskutiert auch, ob das französische Sperrgesetz anderen illegalen Kanälen wie Direct Downloads oder Streaming Nutzer zuspült. Einen allgemeinen Substitutionseffekt erkennen die Forscher nicht. Das liege oft aber am mangelnden Wissen über das Gesetz gegen Filesharing. Von den 2000 befragten Internetnutzern meinten zwei Drittel fälschlicherweise, dass auch direkte Downloads überwacht werden, und jeder zehnte glaubt, dass sogar Offline-Sharing via Festplatten sanktioniert wird. Bei versierten Nutzern aber erkennen sie durchaus einen Wechsel zu anderen Kanälen. Die Beschränkung auf den Kanal Filesharing sehen die Forscher deswegen als einen weiteren Grund, wieso das Three-Strikes-Modell ineffektiv ist.

Philippe Aigrain von der französische Netz-NGO La Quadrature du Net hält allgemein nicht viel vom Sperrgesetz. "Es will Internet-Nutzer einschüchtern und ihnen suggerieren, dass das Teilen von Inhalten mit Stehlen gleichzusetzen wäre." Auch von der Politik werden die Netzsperren in Frage gestellt, allerdings eher halbherzig. Als im Jahr 2012 der sozialistische Präsident Hollande an die Macht kam, versprach er eine Abschaffung der Netzsperren und der damit beauftragten und schon damals als ineffektiv geltenden Behörde Hadopi. Agrain kritisiert, dass es bis jetzt nur bei Ankündigungen geblieben ist. "Die Netzsperren sind immer noch möglich, anders als es das Kulturministerium immer wieder verkündet." Nach seiner Einschätzung ist das Three-Strikes-Modell in Frankreich alles andere als tot.

Auch in anderen Ländern wird mit Stufenmodellen experimentiert, oder die Politik liebäugelt damit. In Deutschland hatte die liberal regierte Wirtschaftsministerium im Jahr 2012 eine 350-seitige Machbarkeits-Studie über „Modelle zur Versendung von Warnhinweisen durch Internet-Zugangsanbieter“ vorgestellt, die die Erfahrungen von Ländern wie Belgien oder Schweden analysierte. Damals wurde die Einführung eines deutschen Pendants ernsthaft diskutiert. In den USA ist seit 2013 ein privatrechtliches Six-Strikes-Modell in Kraft, bei dem sich Internet-Provider mit Verbänden der Musik- und Filmindustrie zusammengetan haben. Der Ton der verschickten Warnungen wird mit jedem Mal schärfer, am Ende steht als Höchststrafe eine Drosselung der Internetgeschwindigkeit.

Obwohl die Wissenschaftler explizit nur Three Strikes in Frankreich untersuchen, verteilen sie auch einen Seitenhieb gegen das US-Modell. Sie meinen, dass es völlig egal ist, wie viele Warnhinweise an Nutzer versendet werden. Der Effekt auf das Filesharing-Verhalten sei immer gleich, es gibt keinen. Mit anderen Worten: auch sechs statt drei Schläge führen am Ende ins Nichts. (jo)