Datenschutz-Affären: Lidl trennt sich von Deutschland-Chef

Der zur Schwarz-Unternehmensgruppe gehörende Lebensmittel-Discounter zieht damit Konsequenzen aus dem jüngsten Skandal: In einer Mülltonne waren Personalstammblätter, Arbeitszeugnisse und geheime Krankenakten über Lidl-Mitarbeiter gefunden worden.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

In der deutschen Top-Manager-Riege ist ein weiterer Unternehmensleiter über wiederholte Datenschutz-Affären in den eigenen Reihen gestolpert. Nach Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, der vor einer Woche den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG um Auflösung seines Vertrages gebeten hatte, gab am heutigen Montag der zur Schwarz-Unternehmensgruppe gehörende Lebensmittel-Discounter Lidl (59 Milliarden Euro Jahresumsatz) bekannt, dass man sich mit sofortiger Wirkung von Deutschland-Chef Frank-Michael Mros trenne.

Lidl war vor fast genau einem Jahr in die Schlagzeilen geraten, weil das Unternehmen Mitarbeiter in zahlreichen Filialen systematisch per Videokamera bespitzeln und Details aus deren Privatleben protokollieren ließ. Schon früher war der Konzern wegen heimlicher Videoüberwachungen seiner Angestellten negativ aufgefallen. Lidl musste deshalb später insgesamt 1,5 Millionen Euro Strafe bezahlen. Um sicherzustellen, dass datenschutzrechtlichen Vorschriften künftig "in vollem Umfang" entsprochen wird, präsentierte Lidl im April 2008 den früheren Bundesdatenschutzbeauftragten Joachim Jacob als neuen Berater.

Doch auch mit Jacob konnte der Lebensmittel-Discounter den nächsten Skandal nicht verhindern: Der Spiegel berichtete in der vergangenen Woche von "einem Zufallsfund in einer Mülltonne", der darauf schließen lasse, dass Lidl die Krankheiten seiner Mitarbeiter systematisch protokolliert und festgehalten habe – was arbeitsrechtlich nicht zulässig sei. Der Konzern hat die Vorwürfe laut Spiegel inzwischen bestätigt: "Dabei wurden Informationen erfasst, die persönliche Belange berücksichtigten". Dies sei "nicht datenschutzkonform" gewesen.

Gefunden wurden in der Mülltonne nach Spiegel-Angaben übrigens auch Namen, Personalnummern und Überstundenkonten von mehreren hundert Angestellten, Kündigungsschreiben, Personalstammblätter mit Gehaltsangaben, Aufhebungsverträge, Arbeitszeugnisse, Spesenabrechnungen, Kopien von Sozialversicherungsausweisen, eine Minijobber-Liste, Listen mit genauen Angaben zu Tages- und Wochenumsätzen von 90 Lidl-Filialen ... (pmz)