Telekom droht Geldbuße bis zu einer Million Euro

Sollte die Bonner Staatsanwaltschaft nachweisen können, dass der frühere Vorstandsvorsitzende Kai-Uwe Ricke in die Spitzelaffäre involviert ist, drohen der Telekom deutlich höhere Sanktionen, als bisher in der öffentlichen Diskussion angenommen wurde.

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Von
  • Wolfgang Janisch
  • dpa

Noch stehen die Ermittlungen zur Aufklärung der Spitzelaffäre in der Telekom am Anfang. Sollte die Bonner Staatsanwaltschaft am Ende aber nachweisen können, dass der frühere Vorstandsvorsitzende Kai-Uwe Ricke in das Ausspähen der Kontakte von Managern und Aufsichtsräten zu Journalisten involviert ist, drohen der Deutschen Telekom AG deutlich höhere Sanktionen, als bisher in der öffentlichen Diskussion angenommen wurde: Im Höchstfall müsste die Telekom eine Million Euro Geldbuße zahlen.

Bei einem Jahresüberschuss von zuletzt 569 Millionen Euro wäre dies zwar immer noch im Bereich der legendären "Peanuts" anzusiedeln. Allerdings hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar als Konsequenz aus der Telekom-Affäre eine Anhebung der Bußgelder verlangt – mit der Begründung, bisher könnten maximal 300.000 Euro verhängt werden.

Richtig daran ist, dass das Telekommunikationsgesetz (TKG) – also das für den Telekommunikationsdienstleister zentrale Paragrafenwerk – dies als Obergrenze für Geldbußen wegen zweckwidriger Verwendung sogenannter Verkehrsdaten vorsieht. Wenn also etwa Datum, Uhrzeit, Teilnehmernummern oder auch Handy-Standortdaten von Telefonverbindungen dazu benutzt wurden, um "Lecks" in den eigenen Reihen auf die Spur zu kommen, droht den Akteuren, aber auch der Firma eine 300.000-Euro-Buße – die Europas größter Telekom-Konzern aus der Portokasse bestreiten könnte.

Allerdings dürfte die Bonner Staatsanwaltschaft – falls die Beweise das hergeben – gegen Ricke sowie den Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel sowie weitere Beschuldigte ein deutlich schärferes Schwert zum Einsatz bringen: Paragraf 206 des Strafgesetzbuches – "Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses". Die Vorschrift gilt nicht für Unternehmen, nur für Menschen. Doch denen drohen im Höchstfall fünf Jahre Haft. Damit spielt die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses – was die Strafhöhe angeht – in einer Liga mit Diebstahl, Betrug, Untreue und der Bildung krimineller Vereinigungen.

Doch damit ist das Ende der juristischen Leiter noch nicht erreicht. Wer höher steigt, gelangt irgendwann zum Paragrafen 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes. Dort steht: Wenn jemand als "vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person" (also jemand wie Herr Ricke) durch eine Straftat Pflichten seines Unternehmens verletzt hat, kann eine Geldbuße direkt gegen das Unternehmen festgesetzt werden – "im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu einer Million Euro". Hätte also Ricke das Fernmeldegeheimnis verletzt – etwa durch den Einsatz eines Spähtrupps – könnte zusätzlich zu einer Bewährungs- oder gar Haftstrafe also auch der Konzern zu einer Millionenbuße verdonnert werden.

Übrigens ließe sich die Überwachungsaktion wohl auch nicht als zulässige Kontrolle dienstlicher Telefonanschlüsse rechtfertigen. Zwar gilt das Fernmeldegeheimnis nach der Rechtsprechung in solchen Fällen nicht, weil der Arbeitgeber sicherstellen darf, dass seine Telefone nur zu dienstlichen Zwecken genutzt werden. Diese Einschränkung gilt aber nur für "Mitarbeiter", keinesfalls jedoch für Aufsichtsräte, die als Kontrollorgan ja nicht in das Unternehmen eingegliedert sind, wie der Münsteraner Professor Thomas Hoeren deutlich macht. Außerdem: Sobald ein "Mitarbeiter" – worunter auch ein Vorstand zu verstehen sein könnte – mit dem Diensthandy erlaubterweise privat telefonieren darf, endet das Recht des Unternehmens zur Telefonkontrolle.

Siehe dazu auch:

(Wolfgang Janisch, dpa) / (anw)