Enttäuschung und Spott über den Dresdner Bildungsgipfel

Im Ergebnis hat der nach Dresden einberufene Bildungsgipfel lediglich Absichtserklärungen geliefert.

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Von
  • Frank Möcke

Mehr als Absichtserklärungen konnte der am gestrigen Mittwoch nach Dresden einberufene Bildungsgipfel nicht liefern. Knapp drei Stunden genügten der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten der Länder, die "Bildungsrepublik" auszurufen.

Der Berg kreißte und gebar eine Maus: Bund und Länder wollen einen Arbeitskreis bilden, Verbesserungen gemeinsam finanzieren und abklären, wie sie bis 2015 zusätzliche Milliarden für das Bildungssystem freischaufeln können. Dies sei ein "Riesenschritt in Richtung Bildungsrepublik" fasste die Bundeskanzlerin am Abend die Ergebnisse zusammen. Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan (CDU), resümierte, vom Bildungsgipfel in Dresden gehe das Signal aus, dass sich Bund und Länder gemeinsam dafür einsetzten, in Deutschland eines der besten Bildungssysteme weltweit zu etablieren.

Das politische und das Medienecho fielen hingegen vernichtend aus: "Aufgewärmte Ladenhüter", "absolutes Armutszeugnis", "Schiffbruch" "bildungspolitische Nullnummer", "reine Symbolpolitik". Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Ulrich Thöne, sieht alle seine Befürchtungen bestätigt: Die Dresdener Erklärung sei wie befürchtet weitgehend ein Sammelsurium längst beschlossener Maßnahmen geblieben. Sie rechtfertige die Überschrift "Bildungsgipfel" nicht. Die Ministerpräsidenten der Länder hätten den Bildungsgipfel geschliffen, der Kirchturm-Föderalismus habe gesiegt. Das Dresdener Treffen sei ein Gipfel der Unverbindlichkeiten geblieben. Von einer nationalen Strategie zur Weiterentwicklung des Bildungswesens, bei der Bund, Länder und Kommunen an einem Strang zögen, könne keine Rede sein. Die Frage müsse erlaubt sein: Welche Projekte wären nicht in Angriff genommen worden, wenn es diesen Gipfel nicht gegeben hätte?

Ronald Pofalla, Generalsekretär der CDU, rang sich eine Presseerklärung aus 141 Wörtern ab. Das erklärte Ziel, bis 2015 den Bruttoinlandsprodukt-Anteil für Bildung und Forschung auf 10 Prozent zu erhöhen, formulierte er darin, stehe für einen erfolgreichen Aufbruch in die Bildungsrepublik. Damit könne man besser auf den Beruf vorbereiten, die Zahl der Schul- und Ausbildungsabbrecher halbieren, neue Qualifizierungsangebote machen und die Zahl der Studienplätze ausweiten.

Als "Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet" sei dieser Bildungsgipfel eine herbe Enttäuschung geworden. Von einem Aufbruch in die Bildungsrepublik könne wirklich nicht die Rede sein, klagte die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung in der SPD, Eva-Maria Stange. Es sei ein absolutes Armutszeugnis, dass statt konkreter Zusagen lediglich ein Arbeitskreis herausgekommen sei, frei nach dem Motto: Wer nicht mehr weiter weiß, gründet einen Arbeitskreis.

Claudia Roth, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen sprach von "aufgewärmten Ladenhütern". Angela Merkel und Annette Schavan bissen sich an den Unions-Ministerpräsidenten die Zähne aus. Das sei kein Gipfel – das sei ein Jammertal gewesen. Mit der verkorksten Föderalismusreform habe sich der Bund faktisch selbst entmachtet.

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagfraktion, Patrick Meinhardt, warf CDU und SPD vor, sie seien in der Bildungspolitik meilenweit voneinander entfernt und zögen nicht an einem Strang, geschweige denn in eine Richtung. Die Dresdner Showveranstaltung verdiene den Namen Gipfel nicht, sie sei leider zu einer bildungspolitischen Nullnummer geworden. Zwei läppische Stunden seien der Kanzlerin die Bildung wert gewesen, drei läppische Stunden seien es geworden. Das sei respektlos gegenüber dem wichtigsten Zukunftsthema unseres Landes.

Einen "Flop" nannte Gregor Gysi (Die Linke) die Ergebnisse des Treffens, das vage Versprechen und Initiativen, die längst beschlossen worden seien, aufgewärmt habe. Es bleibe bei der Kleinstaaterei von 16 Bildungssystemen, bei sozialer Selektion und bei schlechter Bildungs-Infrastruktur. Wer die dringend nötigen Mehrausgaben für die Bildung aufbringen solle, sei auch nach dem Gipfel zwischen Bund und Ländern unklar. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Nele Hirsch, ergänzte, es bedürfe keiner PR-Veranstaltungen, auf denen Bund und Länder sich gegenseitig für ein unverändert schlechtes Bildungssystem lobten. (fm)