Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto angeblich enttarnt

Wer ist Satoshi Nakamoto? Über den geheimnisumwitterten Erfinder des Bitcoin war bislang praktisch nichts bekannt. Nun behauptet eine US-Journalistin dem Phantom auf die Schliche gekommen zu sein. Der Betroffene dementiert.

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Die Identität des geheimnisumwitterten Bitcoin-Erfinders Satoshi Nakamoto ist möglicherweise aufgedeckt worden. Die Journalistin Leah McGrath Goodman vom US-Magazin Newsweek behauptet, es handele sich um einen 64-jährigen US-Amerikaner japanischer Herkunft namens Dorian Prentice Satoshi Nakamoto. Er sei studierter Physiker, habe beruflich unter anderem an Rüstungsprojekten mitgearbeitet und lebe nun in bescheidenen Verhältnissen mit seiner 93-jährigen Mutter in einer Kleinstadt im Bundesstaat Kalifornien.

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Die Reporterin will seinen Namen in einem Melderegister ausfindig gemacht haben und konnte offenbar über seine Leidenschaft für Modelleisenbahnen Kontakt zu ihm aufnehmen. Zunächst habe es einen E-Mail-Wechsel zu Modelleisenbahnen gegeben, als Goodman auf Bitcoins umschwenkte, habe Nakamoto aber nicht mehr reagiert. Auch die Bitte nach einem Telefonat blieb unbeantwortet.

Die Reportage schildert auch eine direkte Begegnung: Vom Eintreffen der Journalistin an seinem Haus gestört, habe Nakamoto die Polizei gerufen. In Anwesenheit der Polizisten soll er auf Goodmans Frage nach Bitcoins gesagt haben: „Ich bin nicht länger daran beteiligt und kann nichts darüber sagen. Es wurde anderen Leuten in die Hände gelegt. Sie kümmern sich jetzt darum. Ich habe dazu keine Verbindung mehr.“

Weiterhin konnte die Reporterin offenbar ausführlich mit der Familie Nakamotos sprechen. So werden Aussagen von verschiedenen Familienmitgliedern zitiert, die ihn als fachlich brillanten, aber menschlich schwierigen und sehr zurückgezogenen Zeitgenossen charakterisieren. Ferner habe er ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber staatlichen Einrichtungen und dem herrschenden Finanzsystem gepflegt. Dies könne mit früheren Problemen Nakamotos beim Abtragen einer Hypothek zusammenhängen, die zum Verlust des beliehenen Hauses führten, mutmaßt Goodman. Ob er nun der gesuchte Bitcoin-Pionier sei, bestätigte jedoch niemand aus der Familie.

Ausgiebig wird auch der Entwickler Gavin Andresen zitiert, der bis 2011 mit dem Bitcoin-Nakamoto am Kryptogeld arbeitete. Andresen gab an, immer nur per E-Mail und privaten Nachrichten im Bitcoinforum Bitcointalk.org mit ihm kommuniziert zu haben. Dieser habe sich 2011 aus der Entwicklung zurückgezogen, als Andresen vorschlug, sich mit dem US-Geheimdienst CIA zu treffen und die Geheimdienstler von der Harmlosigkeit der Kryptowährung zu überzeugen.

Im Wesentlichen präsentiert die Newsweek-Reportage nur Hinweise, dass der 64-jährige mit dem Bitcoin-Gründer identisch sein könnte. So werden Punkte genannt wie bestimmte orthografische Eigenheiten und Textformatierungen, die sich sowohl in dem von 2009 stammenden Bitcoinpaper wie auch in den E-Mails finden sollen, die Nakamoto der Journalistin schrieb. Auch aus den Aussagen Andresens zieht die Reporterin Indizien: So soll zum Beispiel der Programmcode aus der Hand des Bitcoin-Nakamoto bestimmte Eigenschaften wie die Verwendung der umgekehrten polnischen Notation (UPN) aufgewiesen haben. Aus Sicht Andresens weise dies auf eine Person fortgeschrittenen Alters hin – was für Goodman auf ihre Zielperson deutet. Zwingendere Beweise finden sich allerdings nicht in ihrem Text.

Gavin Andresen gab inzwischen über Twitter bekannt, dass er bereue, mit der Journalistin geredet zu haben. Newsweek habe sich entschieden, die Nakamoto-Familie bloßzustellen, erklärte er. Auch aus der Bitcoin-Community gab es teilweise empörte Reaktionen. Für Unverständnis sorgte etwa, dass im Bericht ein Bild des Wohnhauses des vermeintlichen Bitcoin-Erfinders nebst geparktem Auto zu sehen ist. Nun sei der 64-jährige relativ leicht aufzuspüren; die mutmaßlich enormen Bitcoin-Guthaben des Begründers könnten etwa Einbrecher anlocken.

Bitcoin-Kernentwickler Jeff Garzik bezweifelte gegenüber Coindesk, dass es sich wirklich um den Bitcoin-Nakamoto handele. Ihn könne nur ein kryptografischer Beweis überzeugen, etwa eine Nachricht, die mit dem von Bitcoin-Nakamoto bekannten PGP-Schlüssel signiert ist, oder eine signierte Bitcoin-Transaktion von dessen bekannten Adressen.

[Update 07.03.2014 08:47]:

Der Mann, den Newsweek als den geheimnisvollen Erfinder des Bitcoin ausgemacht haben will, hat mittlerweile jegliche Verbindung mit der Digital-Währung abgestritten. "Ich habe nichts mit Bitcoin zu tun, nichts mit der Entwicklung. Ich war nur ein Ingenieur, der etwas anderes gemacht hat", sagte Dorian Nakamoto der Nachrichtenagentur AP in einem Interview. Zuvor war sein Haus nach dem Newsweek-Bericht von Journalisten umlagert worden.

Die Zitate, auf die Newsweek unter anderem seine Vermutung stützt, will Nakamoto nicht als Bekenntnis zur Bitcoin-Erfindung verstanden wissen. "Ich bin nicht mehr daran beteiligt und ich kann nicht darüber reden", hatte er in einem kurzen Gespräch in Anwesenheit zwei von ihm gerufener Polizisten gesagt, "Es ist an andere Leute übergeben worden. Sie sind jetzt dafür verantwortlich. Ich habe keine Verbindung mehr." Dies sei missverstanden worden, sagt Nakamoto nun. Er habe sich damit auf seine Arbeit an Rüstungsprojekten bezogen.

[Update, 7.03.2013 11:42]

In einem Forum der P2PFoundation wurde inzwischen eine Botschaft platziert, die möglicherweise vom tatsächlichen Bitcoin-Erfinder stammen könnte. Vom gleichen Satoshi-Nakamoto-Account aus, mit dem 2009 dort das Bitcoinpaper gepostet wurde, wurde kommentiert: "Ich bin nicht Dorian Nakamoto." Der Forenbetreiber bestätigte gegenüber Techcrunch, dass die mit dem Account verbundene Mail-Adresse identisch mit der im Paper angegebenen Autoren-Adresse sei. Ob der Account aber immer noch von der gleichen Person genutzt werde und wer nun dahinter stehe, sei aber völlig unklar. (axk)