Erdgasfahrzeuge heizen Klimawandel an

Erdgasfahrzeuge gelten als klimaschonend. Nicht, wenn man den gesamten Lebenszyklus anschaut, sagt eine neue Studie. Pipeline-Lecks, aus denen Methan austritt, verschlechtern ihre Klimabilanz so dramatisch, dass es sogar besser wäre, Kohle zu verbrennen.

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Von
  • Kevin Bullis

Erdgasfahrzeuge gelten als klimaschonend. Nicht, wenn man den gesamten Lebenszyklus anschaut, sagt eine neue Studie. Pipeline-Lecks aus denen Methan austritt, verschlechtern ihre Klimabilanz so dramatisch, dass es sogar besser wäre, Kohle zu verbrennen.

In seiner Rede zur Lage der Nation im Januar setzte sich US-Präsident Barack Obama explizit für eine staatliche Förderung erdgasbetriebener Nutzfahrzeuge ein. Und das tat er nicht nur, um die Abhängigkeit von ausländischem Öl zu reduzieren, sondern weil der vergleichsweise sauber verbrennende Treibstoff weniger CO2 generiert als Diesel.

Doch ganz so ideal, wie allgemein angenommen, ist die Technik für das Klima dann doch nicht, wie eine neue Studie zeigt, die Wissenschaftler an der Stanford University, dem National Renewable Energy Laboratory und weiteren US-Fachinstitutionen erstellt haben. Demnach erhöht der Umstieg von Diesel auf Erdgas den Klimagasausstoß in der Gesamtbilanz sogar.

Die Untersuchung ist Teil einer derzeit anschwellenden Debatte, wie gut der Energieträger Erdgas, der in den USA dank des Schiefergasbooms mittlerweile auch im Inland in großen Mengen abgebaut wird, tatsächlich für die Umwelt ist. Bei der Verbrennung entsteht im Vergleich zur Kohle ungefähr die Hälfte an CO2. Doch Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, ist selbst ein kräftiges Klimagas, wenn es in die Luft gelangt.

Kommt es nun zu Lecks aus Pipelines und Bohrstellen, könnte die CO2-Ersparnis bei der Verbrennung negiert werden. Schlimmer noch: Niemand weiß aktuell, wie viel Methan in den USA tatsächlich in die Umwelt gelangt. So lässt sich nicht mit gutem Gewissen sagen, wie klimaförderlich Erdgas ist.

Einige Forscher gehen sogar davon aus, dass die bestehenden Methanlecks so groß sind, dass es sogar besser wäre, weiter Kohle zu verbrennen. Die neue Stanford-Studie kommt soweit nicht. Stattdessen analysiert sie die über die letzten 20 Jahre gesammelten Daten und legt überzeugend dar, dass die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA das Ausmaß des Problems zumindest unterschätzt hat. Aber trotzdem sei Erdgas noch immer besser als Kohle in der Verstromung.

Doch im Bereich des Verkehrs gelte das nicht, so die Forscher. Der Grund: Diesel verbrennt in modernen Motoren deutlich sauberer als Kohle und die CO2-Einsparungen bei Verwendung von Erdgas seien zu gering, um den bei Produktion und Transport gewiss vorkommenden Methanausstoß zu kompensieren.

Die Untersuchung ist aber sicher noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Sie extrapoliert die vergleichsweise wenigen Messwerte, die tatsächlich zur Verfügung stehen. Idealerweise müsste man künftig deutlich genauer messen – und zwar an allen Stellen, wo es zu Lecks kommen kann. Das ist aber nicht billig, weshalb die Umsetzung viele Jahre dauern dürfte.

Die Autoren der Stanford-Studie kommen jedoch zu einem zentralen Schluss: Neben der Messung muss endlich eine konsequente Bekämpfung der Methanlecks her. Denn das ist so schwierig nicht: Sicherheitsuntersuchungen zeigten, schreibe sie, dass es relativ begrenzte Bereiche gibt, an denen es immer wieder zu Austritten kommt. Und genau die müssten eben intensiv und vor allem regelmäßig kontrolliert werden. (bsc)