Urteil: Preiserhöhung durch Telekom Austria war Nötigung

Der Oberste Gerichtshof Österreichs hat Telekom Austria verurteilt. Ein als "ein Leben lang" oder "auf Vertragsdauer" beworbener Tarif darf nicht erhöht werden.

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Inhaltsverzeichnis

Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) hat Preiserhöhungen bei Tarifen, die als "ein Leben lang" oder "auf Vertragsdauer" beworben oder abgeschlossen wurden, als unlauteren Wettbewerb eingestuft. Konkret stellen solche Preiserhöhungen Irreführung, "wettbewerbliche Nötigung" und "aggressive Geschäftspraktik" dar (4 Ob 115/13k). Das gegen Telekom Austria (A1) ergangene Urteil ist rechtskräftig. Zehntausende Kunden dürften von der Entscheidung profitieren. Wer aber sein Geld zurück will, muss sich rühren.

Jahrelang erweckte Telekom Austria (A1) in ihrer Werbung den Eindruck, der Tarif für eine Kombination aus DSL-Internetzugang, Festnetztelefonie und Mobilfunkanschluss bleibe "ein Leben lang" gleich oder gelte "auf Vertragsdauer". Ein Beispiel für einen solchen Tarif ist die "aonKombi" für 19,90 Euro monatlich. Zudem wurde in vielen Verträgen der Preis "auf die Dauer der Vertragslaufzeit" oder "ein Leben lang" zugesichert.

Trotzdem gab es im Frühjahr 2011 eine einseitige Preiserhöhung. Seither verrechnete A1 zusätzlich zum monatlichen Paketpreis eine "Internetservicepauschale" von 15 Euro jährlich.

Einseitige Preiserhöhungen sind bei Dauerschuldverhältnissen grundsätzlich unzulässig. Allerdings gibt es speziell für den Telecom-Bereich eine Ausnahme: Die Telcos dürfen Preise anheben, wenn sie das im Voraus mitteilen. Die betroffenen Kunden können dann sofort kündigen. A1 weist in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (ABG) auf diese Bestimmung hin und räumte den betroffenen Kunden auch tatsächlich ein Sonderkündigungsrecht ein.

Aber im konkreten Fall ist diese Sonderbestimmung nicht anwendbar; das Gericht bindet A1 an ihre Werbeaussagen: "Wenn (A1) ihren Kunden trotz Werbung und in der Folge vertraglicher Zusage eines gleichbleibenden Grundentgelts während der Vertragslaufzeit (...) weitere fixe Entgelte für nicht bestellte und wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen verrechnet, wie etwa eine Internetservice-Pauschale, liegt darin zunächst eine Irreführung (im Sinne des Gesetzes gegen Unlauteren Wettbewerb)", schreiben die Höchstrichter, "Diese (Irreführung) wird von (A1) auch nicht bestritten."

Zusätzlich handelt es sich um eine "aggressive Geschäftspraxis". Die angebotene Kündigung ist für die Betroffenen nämlich mühsam, was viele von der Kündigung abhält. "Diese wettbewerbliche Nötigung beziehungsweise unzulässige Beeinflussung durch die Ausnutzung einer Machtposition ist als aggressive Geschäftspraktik (...) zu qualifizieren", heißt es in der Urteilsbegründung.

Geklagt hatte die österreichische Kammer für Arbeiter und Angestellte (AK), die sich auch für Verbraucherschutz engagiert. A1 hatte versucht, die Klage abzuwehren. Dann hätten die einzelnen Kunden wegen Vertragsverletzung klagen müssen. In der ersten Instanz hatte A1 damit Erfolg, in der Berufung gewannen aber die Verbraucherschützer. Sie haben sich nun auch in der dritten und letzten Instanz durchgesetzt.

Das Urteil gilt nur für A1-Kunden und nicht für Kunden anderer Anbieter. Es profitieren zwei Gruppen von A1-Kunden: Erstens all jene, in deren Vertrag ein gleichbleibendes Grundentgelt für ein Leben lang oder für die Vertragsdauer vertraglich vereinbart wurde. Hiezu bietet es sich an, den Vertrag zu lesen. Die Dauer der Mindestvertragslaufzeit ist unerheblich.

Zweitens profitieren jene, die ihren Vertrag zu einer Zeit abgeschlossen haben, als A1 mit gleichbleibendem Grundentgelt für ein Leben lang respektive für die Vertragsdauer geworben hat. Das betrifft jedenfalls gewisse Zeiträume von 20. Oktober 2008 bis 1. Februar 2011. Laut Gericht begann die Werbekampagne schon 2007.

A1 hat angekündigt, diesen Kundengruppen die Pauschale nicht mehr in Rechnung zu stellen. Die zu Unrecht kassierten Beträge sollen aber offenbar nicht automatisch zurückgezahlt werden. Laut AK-Website hat A1 nur zugesichert, "bei Kundenanfragen zur Rückverrechnung (...) unbürokratische Wege" zu suchen "um im Einzelfall eine (Lösung) zu finden." Das heißt also, wer bis zu 60 Euro zurück haben möchte, muss sich bei A1 rühren. (anw)