Oracle wandelt sich zum Komplettanbieter

Mit der Übernahme von Sun Microsystems bekommt Oracle alle Komponenten, um die kompletten IT-Bedürfnisse eines Unternehmens zu befriedigen. Einige Fragen, etwa zum Umgang mit Open-Source-Projekten, bleiben noch unbeantwortet.

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Die langjährige Einkaufstour des US-amerikanischen Softwareherstellers Oracle hat auf einen neuen Höhepunkt geführt. Heute meldet das Unternehmen, es werde den Unix-, Java- und Server-Spezialisten Sun Microsystems  komplett übernehmen. Oracle-Präsident Safra Catz meint, Sun könne sich im ersten Jahr nach der Übernahme, die im Sommer abgeschlossen sein soll, mehr auf die Profitabilität seines Unternehmens auswirken als die früheren Akquisitionen von BEA, PeopleSoft und Siebel zusammen.

Oracle hat seit 2005 insgesamt 34,5 Milliarden US-Dollar für Firmenübernahmen ausgegeben. Damit hat das Unternehmen in diesem Zeitraum mehr Geld für Akquisitionen aufgewendet als jedes andere, schreibt die Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Bisher hatte sich Oracle vornehmlich auf die Übernahme von Anwendungssoftware konzentriert. Laut Financial Times, die sich auf eine eingeweihte Person beruft, wurde der Deal mit Sun in aller Eile eingefädelt, nachdem sich IBM und Sun wieder angenähert hätten. IBM hatte laut Medienberichten im März 7 Milliarden US-Dollar geboten, doch Sun hatte abgelehnt. Big Blue zog daraufhin sein Angebot zurück, doch vorige Woche hieß es jedoch, Sun sei weiter für eine Übernahme durch IBM offen.

Mit Sun bekommt der Konzern neben Java, einem Unix-System, Linux-Technik, Entwicklungswerkzeugen und auch einer Open-Source-Datenbank zudem Server-Hardware ins Haus, mit denen er integrierte Systeme anbieten kann. Oracle hat bereits angekündigt, das Geschäft mit Servern ausbauen zu wollen. Durch die Erweiterung seines Portfolios steigt Oracle jedenfalls zu einem Konkurrenten von IBM und Hewlett-Packard auf; Firmenchef Larry Ellison sprach bereits von einem grundlegenden Wandel in der IT-Branche.

Der Sun-Vorsitzende Scott McNealy weist auf eine über 20 Jahre währende Partnerschaft zwischen seinem Unternehmen und Oracle hin. Die Übernahme erscheint ihm als "natürliche Weiterentwicklung" der bisherigen Beziehungen. Sun-CEO Jonathan Schwartz spricht von einem "fantastischen Tag für die Kunden, Entwickler, Partner und Mitarbeiter weltweit".

Als "substanziell" für die langfristige Strategie bewertet Oracle den Erwerb des Betriebssystems Solaris und der Softwaretechnik Java. Sie seien weit verbreitet, es handele sich bei ihnen um zwei der bekanntesten Marken. Solaris sei die meistgenutzte Plattform für die Oracle-Datenbanken, dem größten Geschäftsbereich, erläutert Oracle. Die Datenbanken könnten künftig für einige spezielle Solaris-Funktionen optimiert werden.

Mit Java erwerbe Oracle die wichtigste Software, die das Unternehmen je eingekauft hat, betont der Konzern. Die Middleware des Unternehmens, eine der am kräftigsten wachsenden Geschäftsbereiche, basiere auf Java. Nun könne Oracle unter eigenem Dach die Java-Weiterentwicklung sichern – zum Wohle der Kunden und der Community, heißt es, womit wohl auch eventuelle Befürchtungen ausgeräumt werden sollen, Oracle könnte sich vom Open-Source-Kurs, den Sun in den letzten Monaten bei Java und Solaris eingeschlagen hat, wieder entfernen.

Solchen Befürchtungen, die einige andere Projekte wie etwa OpenOffice berühren, soll wohl auch bei MySQL entgegengewirkt werden, wenn auch in eher dürren Worten: Nicht in der Erklärung zur Sun-Übernahme, wohl aber in den FAQ zu dem Geschäft (PDF-Datei) wird das Open-Source-Datenbanksystem erwähnt. Sun hatte es im Januar 2008 für eine Milliarde US-Dollar erworben. Demnach soll MySQL künftig eine Ergänzung zu bestehenden Datenbankprodukten wie der Oracle-Database 11g, TimesTen, Berkeley DB und InnoDB darstellen.

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(anw)