AOL-Tochter entwickelt Napster-Clon

Die Winamp-Softwareschmiede hat ein Tool entwickelt, mit dem man über eine Art virtuelles Netzwerk im Internet Dateien, etwa MP3-Files, austauschen kann.

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Von
  • Christian Rabanus

Nullsoft, Mitte letzten Jahres von AOL übernommen und Hersteller des populäre MP3-Players Winamp, hat ein System entwickelt, mit dem man beliebige Dateien über das Internet austauschen kann. Die "Gnutella" getaufte Software arbeitet ähnlich wie der vor allem bei MP3-Fans beliebte Napster: Dieser läuft auf einem zentralen Server, in den sich Benutzer wie beim Internet Relay Chat (IRC) einloggen können. Nur chattet man dann nicht, sondern übermittelt Listen mit Namen und Speicherorten von MP3-Files, die dann die Benutzer untereinander austauschen können (siehe auch c't Ausgabe 6/2000, S. 88).

Das Problem bei Napster: Alle Transfers laufen über einen Server. Netzwerkadministratoren können den Zugriff auf ihn leicht verhindern. Sehr zum Ärger vieler MP3-Fans ist jüngst dies an einigen amerikanischen Universitäten geschehen. Mit Gnutella soll das unmöglich werden. Der Austausch von Dateien läuft dann nicht mehr über einen zentralen Server, sondern über eine Art virtuelles privates Netzwerk, kann also nur schwer verhindert werden. Außerdem verfolgt Nullsoft keinerlei kommerzielle Interessen: Das Unternehmen will den Quell-Code von Gnutella offenlegen.

Brisant wird die Entwicklung der Tauschbörsen-Software durch AOLs geplante Fusion mit Time Warner. Die Vereinigung der amerikanischen Plattenindustrie (RIAA) hat erst im Dezember des letzten Jahres Napster wegen der Unterstützung von Musik-Piraterie übers Internet verklagt. Konsequenterweise müsste die RIAA nun auch gegen Nullsoft vorgehen – AOL müsste also in gewisser Weise gegen sich selbst klagen. Allerdings wollten bislang weder die RIAA noch AOL zu den Verwicklungen Stellung beziehen.

Die Distribution einer frühen Version von Gnutella über das Internet ist jedenfalls zunächst ausgesetzt – www.gnullsoft.com ist "temporarily down". Die Nullsoft-Entwickler begründen dies mit dem Hinweis, dass die Testversion noch nicht für die Verbreitung geeignet sei. Probleme mit der RIAA sehen sie nicht: Ihre Software sei nicht mit Blick auf MP3-Dateien geschrieben, sondern solle den "Austausch von Kochrezepten" ermöglichen. Dass sie auch zweckentfremdet werden könnte, räumen die Entwickler ein – allerdings weisen sie dafür jegliche Verantwortung von sich. (chr)