Ausprobiert: Erste Erfahrungen mit Microsoft Office fürs iPad

Microsoft hat nach langer Wartezeit Versionen seiner wichtigsten drei Büroprogramme vorgelegt, die mit Apples Tablet kompatibel sind. Mac & i hat sie angetestet.

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Man hatte es ja kaum mehr erwartet: Seit Februar 2012 gab es mehr oder weniger sinnvolle Hinweise darauf, dass Microsoft eine iPad-Version seiner Office-Suite plant. Die wurden dann stets dementiert, obwohl Redmond mit großer Wahrscheinlichkeit bereits erste Alphaversionen in seinen Labors hatte.

Es dauerte dann aber noch bis zur Machtübernahme Satya Nadellas als Microsoft-CEO, denn Vorgänger Steve Ballmer hatte angeblich mit der Entscheidung lange gehadert, weil er glaubte, mit einem iPad-Office das Geschäft mit Windows-Tablets und regulären PCs zu kannibalisieren. Nadella sieht das nun deutlich entspannter: Er will einfach, dass Office auf möglichst vielen Plattformen in guter Qualität vorliegt. Den Microsoft-Umsatz dürfte das mindestens steigern.

Es fühlt sich dennoch etwas merkwürdig an, wenn man nach einer derart langen Wartezeit nun tatsächlich eine der drei Office-Apps auf Apples Tablet-Verkaufsschlager öffnet. Verfügbar sind wie berichtet die Programmteile Word, Excel und PowerPoint, eine Outlook- oder gar Access-Portierung hat sich Microsoft verkniffen.

Das erste, was man von den nur unter iOS 7 lauffähigen Programmen sieht, ist ein Werbefenster, was Microsofts Abodienst Office 365 so alles kann – schließlich sind die iPad-Apps Teil dieses Angebots, das pro Jahr mindestens 99 Euro kostet. Anschließend kann sich der Nutzer Einloggen, einen neuen Microsoft-Account anlegen oder, und das ist lobenswert, ohne Zugangsdaten in die Apps. Dann dienen die Programme allerdings nur als reine Viewer.

Versucht der Nutzer, etwas an einem Dokument zu ändern, erscheint eine Fehlermeldung, dass "bestimmte" Editierfunktionen nicht zur Verfügung stünden – tatsächlich sind es alle. Trotzdem ist es nützlich, auch ohne Office-365-Zugang die drei Apps kostenlos herunterzuladen, denn sie zeigen Office-Dokumente genauer an als Apples in iOS eingebauter Quick-Look-Viewer. Zudem lassen sich Dokumente, die etwa per E-Mail hereingekommen sind, auch in den Office-Programmen zum schnellen Betrachten öffnen.

Wer die Tools richtig nutzen will, muss sich mindestens für einen kostenlosen Testmonat registrieren. Danach geht es für 10 Euro im Monat weiter, wenn man nicht gleich 99 Euro für das ganze Jahr zahlen will.

Ausprobiert: Office auf dem iPad (10 Bilder)

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Nutzer müssen vor der Nutzung einige Werbepanels ertragen, können dann aber auch ohne Anmeldung die Office-Programme als Viewer nutzen (hier PowerPoint). (Bild: Mac & i)

Praktisch: Der Anwender kann einen neuen Office-365-Zugang auch direkt in der App abschließen, wobei es hier derzeit leider nur das Jahrespaket zu kaufen gibt. Interessanterweise unterwirft sich Microsoft dabei Medienberichten zufolge Apples üblichen In-App-Verkaufsrichtlinien: Das heißt, dass rund 30 Prozent des Betrages als Provision nach Cupertino gehen, wie dies bei jeder anderen iOS-Anwendung auch der Fall wäre.

Egal ob Word, PowerPoint oder Excel: Alle drei Programme starten mit einer Auswahl an Templates. Die ist nicht so reichhaltig wie bei Office 2013, doch hat sich Microsoft Mühe gegeben, einige der wichtigsten Vorlagen zu integrieren. Das wirkt sich auch auf die Größe der Programme aus: Sie sind zwischen zwischen 215 und 259 MByte groß. Zum Vergleich: Apples iWork-Bestandteil Keynote bringt beispielsweise 466 MByte auf die Bitwaage.

Ist ein Template ausgewählt, kann die Arbeit losgehen. Microsoft setzt dabei auf den Look von Office 2013 – das bekannte "Ribbon"-Interface ist da, allerdings schön touchfreundlich gemacht. Das heißt, dass der Nutzer beispielsweise Auswahlmenüs besser trifft als das etwa auf einem Surface mit Office 2013 der Fall wäre. Gut angepasst sind auch die Tastaturen. So lässt sich beispielsweise bei Excel eine eigene Zahlentastatur aufrufen, die Eingaben erleichtert.

Vom Funktionsumfang her, den wir in unseren ersten Stunden mit Office fürs iPad allerdings nur eingeschränkt ausprobieren konnten, findet Microsoft einen Mittelweg: Nicht jedes Desktop-Feature ist vorhanden, doch mehr, als man eigentlich erwartet hätte. Das heißt, dass die iPad-Versionen von Excel, Word und PowerPoint tatsächlich kein Spielzeug sind, wie man das von Microsofts iPhone-App Mobile Office eher sagen könnte. Und: Es gibt hier auch einige Funktionen, die man von Apples Platzhirsch iWork vermisst. Dazu gehört (natürlich) der direkte Abgleich mit anderen Office-Nutzern.

Apropos Abgleich: Hier setzt Microsoft komplett auf eigene Dienste. Will der Anwender ein Dokument in die Cloud schicken, muss er den zum Office-365-Zugang gehörenden OneDrive-Account nutzen, Dropbox oder Google Drive sind nicht möglich.

Von den drei Programmen am besten gefallen hat uns PowerPoint. Es bietet eine interessante Auswahl an Templates, hübsche Effekte und ist an die Touch-Bedienung gut angepasst. So kann man bei einer Präsentation seinen Finger etwa als virtuellen Laserpointer verwenden, um Bildbereiche zu markieren. Excel bietet einen robusten Funktionsumfang, der nicht nur Zahlennerds erfreuen dürfte. Word für iPad bietet wiederum ein integriertes Online-Änderungstracking und gut nutzbare Layout-Funktionen.

Den drei Apps ist anzusehen, dass sie von Microsoft offensichtlich über einen längeren Zeitraum entwickelt wurden. Ganz ohne Abstürze kamen wir in unseren Versuchen dann aber nicht aus – wann genau diese eintraten, wirkte zufällig. Hier lohnt es sich dann, das integrierte Feature "AutoSave" zu nutzen, mit dem Dateien automatisch gespeichert werden. Dennoch kann man nicht sagen, dass Office fürs iPad instabil ist.

In Word konnten wir Texte erstellen, Bilder und Tabellen einbauen und auch etwas komplexere Effekte nutzen, die dann auf einer Desktop-Maschine allesamt wieder an der richtigen Stelle auftauchten. Umgekehrt ging das auch. Uns war allerdings zunächst nicht möglich, hochkomplexe Präsentationen und Tabellen zu überprüfen, weshalb erst die nächsten Versuche zeigen müssen, ob die Rundum-Kompatiblität, die Microsoft verspricht, tatsächlich der Wahrheit entspricht.

Eher peinlich: Office fürs iPad bietet derzeit noch keinerlei Druckfunktionen, wie sie iOS über AirPrint seit langem eigentlich bietet. Hier muss Microsoft schnell nachlegen.

Insgesamt macht Office für das iPad einen guten Eindruck – und es kann als gelungener Einstieg für den neuen Microsoft-Boss Nadella gelten. Vieles, was an Produkten aus Redmond sonst eher in Sachen Usability stört, wurde hier einfach weggelassen, was auch Apples Mobilplattform zu danken ist. Office fürs iPad ist eine waschechte iOS-7-Suite.

Die grundlegende Frage bleibt allerdings, ob man sich für diese Programme wirklich ein Office-365-Abo gönnen will. Wer dieses ohnehin schon abgeschlossen hat, freut sich über den Zusatznutzen. Für diejenigen, die noch überlegen, könnte es ein weiteres Argument sein. Wer nur gelegentlich diese Apps mobil nutzen will, zahlt den Betrag aber ungern – das betrifft auch User, auf deren Desktop noch reine Bezahlversionen der Office-Anwendungen ohne Abovertrag laufen. Denn die gibt es ja auch noch.

[Update 28.03.14 12:50 Uhr:] Neue Screenshots ergänzt. (bsc)