NSA-Untersuchungsausschuss will Edward Snowden laden

Zweifel gegenüber dem NSA-Untersuchungsausschuss gibt es genug – kann das Gremium etwas gegen die US-Ausspähpraktiken bewirken? Werden wichtige Zeugen kommen? Zum Beginn zeigt das Gremium jedenfalls erst einmal Selbstbewusstsein.

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  • dpa

Der neue NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags wird voraussichtlich den ehemaligen Mitarbeiter des US-Geheimdienstes Edward Snowden nach Deutschland laden. Das zeichnete sich nach der ersten Sitzung des Gremiums zur Aufarbeitung der Massenüberwachung und Spionage am Donnerstag in Berlin ab. Ob Snowden tatsächlich aus seinem Moskauer Exil nach Berlin kommt, ist allerdings noch fraglich. Das von allen Fraktionen beschlossene Gremium zeige, "dass wir das massenhafte Ausspähen unserer Bürger nicht hinnehmen", sagte der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) in der Sitzung.

Snowden möglicherweise bald in Deutschland?

(Bild: dpa, Guardian/Glenn Greenwald/Laura Poitras/epa)

Ein Oppositionsantrag zur Ladung des Spionage-Enthüllers wurde laut Hans-Christian Ströbele (Grüne) bereits eingebracht. Zuvor hatte sich Binninger skeptisch gezeigt: Eine schriftliche Befragung Snowdens durch das Europaparlament habe etwa wenig Neues gebracht. Ströbele entgegnete, dies dürfte daran liegen, dass sein russisches Asyl daran geknüpft sei, dass die Beziehungen zu den USA nicht beeinträchtigt werden. In Deutschland werde er dagegen vollständig aussagen können.

Auch die Union zeigte sich aufgeschlossen, Snowden zu hören. Es sei zwar kein Snowden-Ausschuss und es müssten zunächst die Grundlagen etwa zu den Befugnissen der Nachrichtendienste erarbeitet werden, sagte Unions-Obmann Patrick Sensburg (CDU). Doch habe die Union immer gesagt, "dass Herr Snowden ein wichtiger Zeuge ist". SPD-Obmann Christian Flisek nannte Snowden einen geeigneten Zeugen. Linke und Grüne können den Ladungsantrag auch alleine beschließen. Binninger betonte insgesamt jedoch die Wichtigkeit eines gemeinsamen Vorgehens, um dem Ausschuss Autorität zu verleihen.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Bedenken von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) über eine Gefährdung Snowdens in Deutschland durch den US-Geheimdienst teilt Ströbele nicht. Die Bundesregierung könne Snowden ein Aufenthaltsrecht geben und seine Sicherheit gewährleisten, meinte er. Bereits in der kommenden Sitzung solle der Snowden-Antrag beschlossen werden, sagte die Linke-Obfrau Martina Renner. Binninger teilte mit, frühestens im Juni würden die ersten Zeugen gehört und Beweise aufgenommen. Der Ausschuss soll demnach zwei Jahre lang arbeiten.

Seit vergangenen Sommer kam durch NSA-Dokumente Snowdens in Etappen heraus, dass US-amerikanische und britische Geheimdienste deutsche Daten in riesigem Umfang abgeschöpft haben. Selbst das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde ausspioniert. Bisher hat Deutschland in den USA, was Aufklärung angeht oder Zusagen zur Beendigung sämtlicher Ausspähungen, wenig erreicht.

Neben den Ausspähpraktiken der USA, Englands oder auch Kanadas, Australiens und Neuseelands will der Ausschuss den Kenntnissen und der möglichen Beteiligung der deutschen Geheimdienste auf den Grund gehen. Zudem soll die Datensicherheit der Menschen und Organisationen in Deutschland auf den Prüfstand gestellt werden.

Grünen-Obmann Konstantin von Notz sagte: "Die Konsequenzen müssen sein, rechtsstaatlich die verfassungswidrigen Praktiken zu beenden." Zudem müsse sie Informationstechnologie besser geschützt werden. "Ich glaube, das kann er (der Ausschuss) leisten."

Was kann der Bundestag über den NSA-Skandal herausfinden?

(Bild: Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann / NSA)

Sensburg deutete an, dass der Ausschuss seiner Meinung nach über die bisher bekannten Ausspähungen auch zu weiteren Aufdeckungen kommt. "Ich gehe davon aus, dass wir Zeugen aus dem Ausland bekommen werden", meinte er zudem. Dass die USA aber selbst etwa Geheimdienstvertreter vor den Bundestag schickt, gilt jedoch als wenig wahrscheinlich. Binninger: "Die Beweiserhebung wird schwierig sein."

Nun will der Ausschuss zunächst einen konkreten Zeitplan erarbeiten und Sachverständige zu den Grundlagen wie der Kooperation der Nachrichtendienste hören. Die Opposition hatte bereits angekündigt, etwa die Ex-Kanzleramtschefs Ronald Pofalla (CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie amtierende und ehemalige Präsidenten der deutschen Dienste hören zu wollen. Die Konstituierung des Ausschusses vor der direkt anschließenden ersten Beratung hatte Petra Pau (Linke) als Bundestagsvizepräsidentin geleitet. (mho)