Gedämpfter Optimismus in der Spielebranche
Die großen Publisher schreiben rote Zahlen und hoffen auf das Weihnachtsgeschäft. Mit Konsolidierung reagiert die Branche auf die schlechte wirtschaftliche Situation. Studioschließungen und Entlassungen sind die Folgen.
Die Spielebranche scheint von der Finanzkrise bisher weitgehend unbehelligt geblieben zu sein, doch werden auch die großen Publisher vorsichtiger mit ihren Prognosen. Sie setzen auf bewährte Formate, die im traditionell starken Weihnachtsquartal für die nötigen Umsätze sorgen sollen. Allerdings vermag niemand genau vorherzusagen, wie sich das Weihnachtsgeschäft angesichts der Kreditkrise entwickelt.
Mit starken Marken sehen sich die Publisher dennoch gut gerüstet. Wer in den vergangen Jahren nicht auf sein Portfolio geachtet hat, bekommt dafür nun die Quittung, wie der Fall THQ illustriert. Mit seinen in der vergangenen Woche veröffentlichten Quartalszahlen versetzte der Publisher seinen Aktionären einen kräftigen Schock. 115,3 Millionen US-Dollar Verlust wies die Unternehmensbilanz für das zweite Quartal des Geschäftsjahrs aus, nach nur 7 Millionen US-Dollar Verlust im Vorjahr.
Das hat Konsequenzen in Form von Entlassungen und Schließungen bei den hauseigenen Entwicklerstudios. Insgesamt will THQ fünf Studios dichtmachen und weitere 250 Mitarbeiter entlassen – das sind immerhin rund 17 Prozent des gesamten Entwicklerstabes. In Zukunft will sich das Unternehmen vor allem auf qualitativ hochwertige Spiele konzentrieren. Der angekündigte Titel Red Faction – Guerilla soll in das nächste Geschäftsjahr verschoben werden, das am 1. April 2009 beginnt.
Spekulationen über eventuelle schwierige Zeiten in der Spielebranche löste auch die Ankündigung von Electronic Arts aus, weltweit 600 Mitarbeiter zu entlassen. Auch der Branchenprimus schreibt rote Zahlen, im vergangenen Quartal weitete sich der Verlust im Jahresvergleich von 195 auf 310 Millionen US-Dollar aus. Dabei sind hohe Entwicklungskosten, die im Jahresendgeschäft wieder eingespielt werden sollen, ebenso zu berücksichtigen wie die gescheiterte Übernahme von Konkurrent Take Two. In seiner Jahresprognose rechnet der Publisher mit einer deutlichen Umsatzsteigerung, erwartet unter dem Strich aber ein Ergebnis zwischen 0,21 US-Dollar Verlust pro Aktie und 0,07 US-Dollar Gewinn pro Aktie.
Auch Activision Blizzard geriet im ersten gemeinsam veranlagten Quartal in die roten Zahlen. Bei auf 711 Millionen US-Dollar deutlich gestiegenen Umsätzen wies das Unternehmen einen Quartalsverlust von 108 Millionen US-Dollar aus. Allerdings dürfte das Ergebnis nicht zuletzt auf die Kosten der Elefantenhochzeit mit Vivendi Games zurückzuführen sein. Der neue Spiele-Riese geht mit einem beachtlichen Arsenal ins Weihnachtsgeschäft: Die zweite Erweiterung für World of Warcraft, Neues von Guitar Hero sowie ein weiteres Kapitel der Call-of-Duty-Reihe.
Insgesamt wachsen die Verkaufszahlen der Branche nicht mehr so kräftig wie bisher, auch wenn auf einzelnen Märkten noch deutliches Wachstum herrscht. Abzusehen ist, dass sich künftig die großen Anbieter mit starken Portfolios durchsetzen werden. Bei steigenden Produktionskosten wird es für die Kleinen der Branche schwerer, sich langfristig zu etablieren. Die Großen werden die Konsolidierung der Branche vorantreiben. (Nico Nowarra) / (vbr)