Keine Entschädigung bei verschwiegener Schwerbehinderung

Teilt ein Bewerber dem Arbeitgeber nicht mit, dass er schwerbehindert ist, kann er nach einer Ablehnung auch keinen Schadenersatz wegen angeblicher Diskriminierung verlangen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wird ein Bewerber aufgrund seiner Behinderung abgelehnt, kann ein Fall von Diskriminierung vorliegen. Der Betroffene kann das Unternehmen auf Schadenersatz verklagen. Allerdings steht ihm keine Entschädigung zu, wenn er seine Schwerbehinderung bei der Bewerbung gar nicht klar mitgeteilt hat. Das hat das Arbeitsgericht Stuttgart in einem aktuellen Urteil bestätigt (vom 29.1.2014, Az.: 11 Ca 6438/13).

Demnach setzt ein Entschädigungsanspruch nach §§ 81 Abs. 2 SGB IX, 15 Abs. 2 AGG voraus, dass der Bewerber wegen seiner Behinderung benachteiligt wurde. Laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das bereits der Fall, wenn der Kandidat aufgrund seiner Behinderung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Um den Verdacht einer Benachteiligung anzunehmen, genügen zudem Indizien, die eine Benachteiligung vermuten lassen.

Wird der schwerbehinderte Bewerber von einem öffentlichen Arbeitgeber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, kann eine Benachteiligung angenommen werden, so das Urteil der Richter im aktuellen Fall. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dem Arbeitgeber die Behinderung tatsächlich bekannt war.

Geklagt hatte ein 60-jähriger, der nach einer Krebs-OP als Schwerbehinderter anerkannt wurde. Er hatte sich bei einem öffentlichen Arbeitgeber beworben, aber keine Gelegenheit bekommen, dort vorzusprechen. Er ging nun davon aus, dass er aufgrund seiner Behinderung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war und verlangte Schadenersatz wegen Benachteiligung.

Allerdings hatte er in seinem Bewerbungsschreiben an den öffentlichen Arbeitgeber den Status als Schwerbehinderter gar nicht erwähnt. Nur im tabellarischen Lebenslauf fand sich ein entsprechender Hinweis. Dieser war zudem unklar formuliert und hätte vom Arbeitgeber auch so verstanden werden können, dass der Schwerbehinderten-Status zum Zeitpunkt der Bewerbung gar nicht mehr aktuell war.

Das reichte dem Gericht als Indiz für eine Benachteiligung des Klägers nicht aus, es schmetterte die Schadenersatzklage ab. Die Hinweise auf eine Behinderung müssten schon eindeutig sein, damit dem Arbeitgeber die Kenntnis unterstellt werden kann, so die Meinung Richter. Denn ein Unternehmen sei nicht dazu verpflichtet, die Bewerbungsunterlagen nach versteckten und obendrein missverständlichen Hinweisen auf eine Schwerbehinderteneigenschaft zu durchsuchen oder im Zweifelsfall beim Bewerber nachzufragen. Vielmehr handle ein Bewerber, der lediglich versteckte und missverständliche Hinweise auf seine Schwerbehinderteneigenschaft gibt und dem Arbeitgeber anschließend eine Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung vorwirft, rechtsmissbräuchlich.

Nachdem der beklagte Arbeitgeber gegenüber anderen behinderten Bewerbern seine Pflichten wahrgenommen hatte und die Stelle sogar mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzte, gingen die Richter jedenfalls davon aus, dass in diesem Fall sicher kein mutwilliger Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorlag. ()