Bürgerrechtler: Export von Überwachungstechnik regulieren

Die neue Coalition Against Unlawful Surveillance Exports fordert Exportkontrollen für Überwachungs-Hard- und Software, um den Verkauf in autoritäre Staaten zu stoppen. In Berlin stellte sich das Bündnis erstmals vor.

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Von
  • Detlef Borchers

Reporter ohne Grenzen, die Digitale Gesellschaft und Human Rights Watch haben in Berlin das neu gegründete Bündnis CAUSE vorgestellt. Es soll da einsetzen, wo das Ende 2013 modifizierte Wassenaar-Abkommen über Waffenexportkontrollen zu unbestimmt ist. Das internationale Bündnis will erreichen, dass etwa die Bundesregierung eine wirksame Kontrolle einführt, um den Export von Überwachungstechnik in autoritäre Staaten unterbinden zu können.

"Wichtig ist, dass sich die Zivilgesellschaft engagiert, da Deutschland ein wichtiger Exporteur dieser Technik ist", erklärte Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen. "Wo Menschenrechte nicht gelten, darf nichts exportiert werden." Seine Organisation hat in der Vergangenheit eine Beschwerde bei der OECD eingereicht, die vor kurzem abgelehnt wurde.

Übersetzerin, Sayed Yusuf al-Muhafdha, Alexander Sander, Christoph
Mihr, Moderator (v.l.)

Sayed Yusuf al-Muhafda vom Bahrain Center for Human Rights berichtete, wie per E-Mail versucht wurde, ihm Spähsoftware unterzujubeln. Weil der gesamte Telefonverkehr von der bahrainischen Batelco überwacht wird, müssen Menschenrechtler auf Umwegen miteinander kommunizieren. Al-Muhafda kritisierte in diesem Zusammenhang westliche Journalisten, die nach Bahrain kommen und unbefangen ihr Telefon einschalten, um Oppositionelle anzurufen.

Für den aus Bahrain geflüchteten Menschenrechtler steht Deutschland in besonderer Verantwortung, weil ein Trojaner "Made in Germany" in Bahrain gefunden wurde: FinFisher von Gamma International. Gamma hatte nach Bekanntwerden dieses Vorfalls argumentiert, es habe niemals Software nach Bahrain verkauft. Der damalige Geschäftsführer Martin Münch erklärte, die Gamma-Software sei auf einer Messe gestohlen worden.

Außerdem wurde der einzige bahreinische Telefon- und Internet-Provider Batelco mit Hardware von der damaligen Nokia Siemens Network (heute Nokia Solutions and Networks) und mit Software von der ehemaligen Siemens-Tochter Trovicor beliefert.

Alexander Sander von der Digitalen Gesellschaft kritisierte vor allem den Vertrieb von Netzwerkmanagement-Tools in Länder wie Bahrain. Firmen müssten Verantwortung zeigen und Tools vertreiben, die nicht so tief greifen wie die Deep Packet Inspection (DPI). Er lehnt DPI generell ab. Auch in demokratischen Staaten sei diese Technik nicht legitim. Anders Christoph Mihr, der in der Strafverfolgung einen möglichen Einsatz von DPI bejahte.

Ob CAUSE, das international von Amnesty International, der internationalen Liga für Menschenrechte, dem Open Technology Institute und Privacy International unterstützt wird, wirklich Druck ausüben kann, wird sich zeigen. Die moralische Verantwortung der Hersteller von Überwachungssoftware ist offenbar kaum vorhanden. So wickelte Gamma ihre Geschäfte über eine Briefkastenfirma in Singapur ab oder versuchte, über eine Schweizer Firma Geschäfte zu machen. Immerhin gibt es Anzeichen dafür, dass Veröffentlichtungen etwas bewirken können. So ermittelte die französische Staatsanwaltschaft gegen die Firma Amesys, deren Produkte in Libyen und Syrien gefunden wurden. (anw)