Netzneutralität: US-Regulierer verteidigt Vorstoß fürs "offene Internet"

Provider dürften auch künftig nicht den Netzverkehr einer "angeschlossenen Instanz" bevorzugen, wirbt die Spitze der FCC für ihren Plan zur Internetregulierung. Die Kritik verstummt trotzdem nicht.

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Tom Wheeler, Vorsitzender der Federal Communications Commission (FCC), versucht seinen geplanten Vorstoß für ein "offenes Internet" nach einem Sturm der Entrüstung in den US-Medien zu rechtfertigen. Entsprechende Berichte seien von "viel Falschinformation" gekennzeichnet, schreibt der Chef der US-Regulierungsbehörde in einem Blogeintrag. Dagegen betont er "sehr direkt", dass der Vorschlag kein Verhalten von Providern zulassen werde, das Verbraucher oder den Wettbewerb durch "Schranken für die Offenheit des Internets" schädige.

FCC-Chef Tom Wheeler versucht die Wogen der Kritik zu glätten.

(Bild: dpa, Shawn Thew)

Alle Zugangsanbieter müssten nicht nur ihre Kunden und Nutzer "transparent" über "alle relevanten Informationen" in Kenntnis setzen, wie sie ihr Netzwerk managen, führt Wheeler aus. Es bleibe auch dabei, dass "kein rechtmäßiger Inhalt blockiert werden darf". Darüber hinaus dürften Provider aber das Internet auch nicht in einer Weise beeinflussen, die im "gewerblichen Kontext unangemessen" sei. Diese Vorgabe schließe etwa "das Bevorzugen des Netzverkehrs einer angeschlossenen Instanz" aus.

Der genaue Wortlaut der geplanten Regeln ist nach wie vor unbekannt, da der Entwurf erst Mitte Mai im Rahmen der nächsten Kommissionssitzung veröffentlicht werden soll. Die Details dürften aber entscheidend sein, da auch die Anmerkungen Wheelers Interpretationsspielraum bieten: Streng genommen ließe der zuletzt genannte Hinweis mit dem Untersagen favorisierter Verbindungen das Einrichten von Überholspuren auf der Datenautobahn und ein Zwei-Klassen-Netz nicht zu. Es bleibt aber etwa unklar, ob eine spezielle Hochgeschwindigkeitsleitung oder sonstige "Spezialdienste", die ein großer Provider wie Comcast Inhalteanbietern wie Netflix oder YouTube zur Verfügung stellt, schon unverhältnismäßig in die Netzökonomie eingriffen.

Wheelers Erklärung hat die Wogen daher bislang nicht glätten können. Die Netzaktivisten von Demand Progress wittern hinter dem Vorstoß noch immer eine "fundamentale Neuausrichtung" des Internets, der dessen Nutzbarkeit für die freie Meinungsäußerung und Innovationen untergraben würde. Sie fragen: Wäre es wirklich in kommerzieller Hinsicht untragbar, wenn es schwieriger würde, eine neue Webseite zu starten oder eine Online-Firma? Nur dann fühlt sich die FCC aber zum Eingreifen genötigt.

Auch Delara Derakhshani von der Verbraucherorganisation Consumers Union ist der Ansicht, dass die FCC offenbar das Prinzip über Bord werfen wolle, dass alle Online-Auftritte und Dienste im Internet gleich behandelt werden sollten. Dieser Schritt bevorzuge Firmen mit tiefen Taschen und benachteilige "aufmüpfige Startups". Derakhshani forderte den Regulierer auf, Zugangsanbieter endlich genauso einzustufen wie klassische Telefonfirmen und so den rechtlichen Problemen beim Aufrechterhalten der Netzneutralität aus dem Weg zu gehen.

Während die Regulierungsbehörde nun bereits vor der offiziellen Präsentation des Vorhabens die Öffentlichkeit um Kommentare bittet, sammeln Befürworter der "echten Netzneutralität" Unterschriften für eine Petition an das Weiße Haus. Damit soll US-Präsident Barack Obama aufgefordert werden, dem "Verlangen der Nation" nachzukommen und "Bandbreitenänderungen" beim Durchleiten von Datenpaketen und Informationen auf Basis deren Inhalte oder Quellen zu verbieten. Dies liege im Interesse des Wohlergehens der Gesellschaft. (axk)