Bundesverfassungsgericht: Hausdurchsuchung bei Forenbetreiber rechtswidrig

Die Durchsuchung der Wohnung eines Forenbetreibers wegen vermeintlicher Urheberrechtsverletzungen war rechtswidrig, da angebliche Links auf Raubkopien, die nicht weiter geprüft wurden, keinen ausreichenden Tatverdacht darstellten.

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Von
  • Joerg Heidrich

Allein die Tatsache, dass in einem Internetforum von Dritten möglicherweise Links auf Raubkopien angeboten werden, rechtfertigt noch keine Hausdurchsuchung bei dem Betreiber dieses Forums. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 8. April 2009 (Az. 2 BvR 945/08) und hob entsprechende Beschlüsse des Amts- und Landgerichts Augsburg wegen einer Verletzung der Grundrechte des Betroffenen aus Artikel 13 des Grundgesetzes auf.

Ausgangspunkt der Entscheidung war eine Strafanzeige, die im August 2007 gegen den Betreiber eines Internetforums gestellt worden war. Im Rahmen dieser Anzeige wurden der Polizei Screenshots von Forenbeiträgen übersandt. Diese waren überwiegend in türkischer Sprache verfasst und enthielten Links auf einen One-Click-Hoster, die laut den Strafermittlern Hinweise "darauf enthielten, dass dort jeweils eine Film- oder Programmdatei geladen werden könnten". Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 ordnete das Amtsgericht Augsburg daraufhin die Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume und Fahrzeuge des Forenbetreibers an. Die Durchsuchung diene "dem Auffinden von Personalcomputern oder Laptops, mittels derer urheberrechtlich geschützte Werke unberechtigt vervielfältigt oder verbreitet worden seien, sowie von (elektronischen) Datenträgern, auf denen sich unberechtigte Vervielfältigungen urheberrechtlich geschützter Werke befänden". Erst Ende Januar 2008 kam es dann zu einer Durchsuchung, bei der zwei Rechner sichergestellt wurden.

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts sei diese Durchsuchung rechtswidrig erfolgt und stelle eine Verletzung der Grundrechte des Betroffenen aus Artikel 13 Grundgesetz, der Unverletzlichkeit des Wohnraums, dar. In seinen Räumen habe der Einzelne das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. Voraussetzung einer Durchsuchung seien daher nur solche durch einen Richter zu prüfenden Verdachtsgründe, "die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen".

Nach Ansicht der obersten Richter bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, ob ein für eine Durchsuchung vorausgesetzter, auf konkreten Anhaltspunkten beruhender Tatverdacht einer strafbaren Verletzung des Urheberrechts vorlag. Den angegriffenen Entscheidungen lasse sich nicht entnehmen, dass die Verdachtsgründe, die sich gegen den Beschwerdeführer richteten, über bloße Vermutungen und vage Anhaltspunkte hinausreichten, die eine Wohnungsdurchsuchung unter keinen Umständen rechtfertigen können. Insbesondere fehle es an konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Links im Forum auf eine Internetadresse verwiesen, unter der tatsächlich urheberrechtlich geschützte Filme oder Programme gespeichert waren. Weiterhin fehle es auch an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass der Forenbetreiber in strafrechtlich relevanter Weise für die Veröffentlichung der verfahrensgegenständlichen Links verantwortlich ist. Dieser lasse sich nicht allein aus dem Umstand ableiten, dass der Betroffene Betreiber des Internetforums war. Als mutmaßlicher Täter komme jeder potenzielle Nutzer des Forums in Betracht.

Zudem genügten die angegriffenen Beschlüsse des Amts- und Landgerichts Augsburg nicht den Anforderungen, die der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an eine Wohnungsdurchsuchung stelle. Die Verdachtsgründe bewegten sich im Grenzbereich zu vagen Anhaltspunkten oder bloßen Vermutungen; und es sei zudem nicht eindeutig ein strafbares Verhalten zu erkennen. Es sei nicht einmal von der Ermittlungsbehörde geprüft worden, ob die von dem Anzeigeerstatter vorgelegten Bildschirmkopien authentisch waren und die Links tatsächlich auf urheberrechtlich geschützte Werke verwiesen. Erfolgreich war die Hausdurchsuchung offenbar ohnehin nicht gewesen. Bereits im Juni 2008 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. (Joerg Heidrich) / (jk)