SPD in Bund und Ländern signalisiert rasche Einigung beim BKA-Gesetz

Berlins Innensenator Ehrhart Körting, Sprecher der SPD-regierten Länder im Bundesrat, hat bei dem sich abzeichnenden Vermittlungsverfahren im Streit um die Aufrüstung des BKA einen schnellen Kompromiss in Aussicht gestellt.

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Berlins Innensenator Ehrhart Körting, Sprecher der SPD-regierten Länder im Bundesrat, hat bei dem sich abzeichnenden Vermittlungsverfahren mit dem Bundestag im Streit um die Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) einen schnellen Kompromiss in Aussicht gestellt. Er gehe davon aus, dass beide Seiten rasch zueinander finden könnten, sagte der Sozialdemokrat der "Welt". Wenn das Parlament den "berechtigten Bedenken der Länder" Rechnung trage, könne das Vorhaben "innerhalb weniger Tage abschließend behandelt" werden.

Ähnlich äußerte sich der Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Der Verhandlungsführer der Sozialdemokraten im Parlament zeigte sich zuversichtlich, dass beim Anruf des Vermittlungsausschusses noch in der Sitzung der Länderkammer am 19. Dezember eine Einigung erzielt werde. Dann könnte die neuen Befugnisse für das BKA einschließlich einer Lizenz für heimliche Online-Durchsuchungen noch "pünktlich" zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.

Die SPD in den Ländern besteht vor allem auf einen klareren Zuschnitt der Zuständigkeiten der Polizeien von Bund und Ländern. "Die Formulierung bei der Strafverhütung ist zu offen", betonte Körting. Es gebe dafür im terroristischen Bereich keine allgemeine Befugnis des BKA. Deshalb müsse diese Befugnis im Gesetz auf die Ausnahmefälle etwa zur Bekämpfung des Terrorismus bei einer länderübergreifenden Gefahr begrenzt werden, die in der Verfassung stehen. "Die Gefahrenabwehr ist grundsätzlich Ländersache", stellte der Innensenator weiter klar. "Ich halte eine zentrale Wasserkopfbehörde wie das FBI für schlechter als unsere dezentrale Länderpolizei. Denn sie ist vor Ort besser vernetzt und erkennt die Gefahren."

Darüber hinaus fordert die SPD formale Korrekturen bei der Befugnis zum Einsatz des Bundestrojaners. "Die Akzeptanz der umstrittenen Online-Durchsuchung muss in der Öffentlichkeit durch Richtervorbehalt und Richterprüfung erhöht werden", konstatierte Körting. Die SPD wolle das neue Fahndungsinstrument nicht grundsätzlich verhindern. Aber ein verdeckter Zugriff auf IT-Systeme müsse auch in Eilfällen grundsätzlich ein Richter anordnen. Nach einer Online-Razzia habe zudem ebenfalls ein Richter das Material auszuwerten und freizugeben. Nachbessern wollen die Sozialdemokraten in den Ländern ferner beim bisher eingeschränkten Zeugnisverweigerungsrecht etwa für Ärzte, Anwälte oder Journalisten. FDP-Politikern gehen derlei "kosmetische Korrekturen" aber nicht weit genug. Sie kündigten an, im Bundesrat auf grundsätzlichere Änderungen am BKA-Gesetz zu drängen.

Berlin wird laut Körting in der Plenarsitzung des Bundesrats ­ genauso wie die Mehrheit der Länder ­ nicht für die Aufrüstung des BKA in der vom Bundestag beschlossenen Form stimmen. Ein Ja zu dem Vorstoß haben bislang allein Hessen, das Saarland und Thüringen angekündigt. Ungewiss ist noch das Abstimmverhaltens Brandenburgs, wo das Kabinett auf eine Festlegung verzichtete. Man habe den Vertretern der Landesregierung und somit allen voran Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ein "pflichtgemäßes Ermessen" eingeräumt, hieß es laut dpa in der Staatskanzlei Brandenburg. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Sven Petke, wertete diese Position als "Umfallen", das der inneren Sicherheit Schaden zufüge. Es sei absurd, "dass eine chaotische SPD die Wirksamkeit der Terrorbekämpfung in Deutschland gefährdet". Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) wies die Kritik zurück. Ziel bleibe, das Gesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden.

Der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV) appellierte kurz vor knapp an die Mitglieder des Bundesrates, dem BKA-Gesetz ihre Zustimmung zu verweigern. Investigativer Journalismus sei als Grundsäule einer jeden Mediendemokratie auf den Schutz seiner Informanten angewiesen. Durch die Vorratsdatenspeicherung würden potenzielle Informanten abgeschreckt, sich mit vertraulichen Informationen an Journalisten zu wenden. Dieser Effekt werde durch das BKA-Gesetz nochmals verschärft. Im Rahmen der damit verknüpften Online-Durchsuchung könnten auch Datenträger von Journalisten "unbemerkt kopiert und ausgewertet werden". Zuvor hatten schon andere Presseverbände die Länderkammer aufgefordert, das Vorhaben nicht abzusegnen.

Zu den technischen und rechtlichen Details der heimlichen Online-Durchsuchung und des Bundestrojaners veröffentlichte c't in der aktuellen Ausgabe (seit Montag, den 24. 11., im Handel) einen Hintergrundartikel:

  • Windei Bundestrojaner, Online-Durchsuchung vs. Gewährleistung von Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, c't 25/08, S. 86

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)