Werber-Kodex soll Erlösquellen illegaler Websites austrocknen

Die Werbewirtschaft will sich den Nöten der Rechteinhaber nicht verschließen und plant eine branchenverweite Selbstverpflichtung, nicht auf Seiten zu werben, die Urheberrechte "strukturell" verletzen. Schon bald soll der Kodex stehen.

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Die deutsche Werbewirtschaft will sich auf einen freiwilligen Kodex verständigen, auf "strukturell urheberrechtsverletzenden" Webseiten nicht zu werben. Eine entsprechende Selbstverpflichtung sei in Arbeit, sagte der Geschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), Bernd Nauen, am Dienstag in Berlin auf dem Branchenforum Urheberrechtsschutz der GVU und ihrer Schwesterorganisationen aus Österreich (VAP) und der Schweiz (SAFE).

Nach dem erfolgreichen Schlag gegen die Streaming-Plattform Kino.to nehmen Rechteinhaber und Strafverfolger zunehmend die Einnahmequellen der Seitenbetreiber ins Visier. Während bei Kino.to ein großer Teil der Einnahmen mit eigenen Filehostern generiert wurde, sind Werbeerlöse für die meisten Seitenbetreiber die zentrale Umsatzsäule. In den USA hatten sich Betreiber großer Werbenetzwerke wie Google und Yahoo im Juli 2013 abgestimmt, nicht auf solchen Seiten zu schalten.

Dabei sind die Strukturen der Werbenetzwerke, Trafficvermarkter und sonstiger Dienstleister unübersichtlich. Die Media Agenturen kaufen Reichweiten in bestimmten Zielgruppen ein und haben kaum eine Kontrolle darüber, wo die Kampagnen ausgespielt werden. So wissen auch die werbenden Unternehmen nicht, in welchem Umfeld ihre Anzeige letztlich erscheint. "Mit der Länge der Verwertungskette steigt die Fehlerquote", sagte Sascha Tietz vom Pay-TV-Sender Sky.

Das Umfeld ist dabei den meisten Inserenten eher unangenehm. "Ein Großteil der Werbewirtschaft hat gar kein Interesse, da zu sein", meint Nauen. Mit einer gezielten Kooperation aller Beteiligten könne man "ganz praktisch einiges verändern". Der ZAW setzt auf eine breite Allianz, feste Regeln für Werbetreibende und eine klare Definition, was eine "strukturell urheberrechtsverletzende Seite" ausmacht. Die sollen auf einer schwarzen Liste landen, die allen Beteiligten zur Verfügung steht. Im Sommer soll der Kodex stehen.

Die von den Werbetreibenden und Agenturen jeweils gepflegten schwarze Listen haben sich bisher als nur bedingt tauglich erwiesen. "Wir blacklisten schon seit Jahren", sagte Tietz. Wenn die eine Seite auf der Liste landet, läuft die Werbung eben auf zwei anderen. Das liegt am komplexen und nicht transparenten System, wie Werbung im Netz ausgespielt wird. Bei bei jedem Klick auf eine Seite laufen im Hintergrund Targeting-Routinen ab, die in Echtzeit nach dem optimalen Werbemittel suchen. "Es ist ein Katz- und Maus-Spiel", meint Tietz.

"Man soll jetzt nicht glauben, die Selbstverpflichtung ist das Schwert Excalibur", warnte Tietz vor übertriebenen Erwartungen. Es werde immer die Inserenten und Vermarkter geben, die gezielt im Dunkelbereich arbeiten. "Aber sie wird helfen, einen weiten Schritt auf dem Weg zu gehen." Die Vermarkter, die ein Bein in beiden Bereichen haben, könnte das disziplinieren. Schon jetzt sei ein Rückgang an Markenwerbung auf diesen Seiten zu beobachten. Ganz austrocknen könne man den Markt so aber nicht. "Es wird immer Unternehmen geben, die sich da sehr wohlfühlen", meinte VAP-Chef Werner Müller. (vbr)